EU will Kriegsflotte nach Somalia schicken
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Von KNUT MELLENTHIN, 2. Oktober 2008:
Die Europäische Union will demnächst mit einer eigenen Kriegsflotte rund ums Horn von Afrika auf Piratenjagd gehen. Das teilte der französische Verteidigungsminister Herve Morin am 2. Oktober nach einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Deauville den Medien mit. Bisher hätten acht Staaten ihre Bereitschaft angekündigt, sich an dem Unternehmen zu beteiligen: Belgien, Deutschland, Frankreich, Litauen, die Niederlande, Schweden, Spanien und Zypern.
Spanien hat bereits eine Fregatte in die Region entsandt. Frankreich ist mit mehreren Kriegsschiffen in der Region präsent. Außerdem verfügt es mit Dschibuti über einen Stützpunkt, der schon mindestens zwei Mal als Basis für Befreiungsaktionen durch Sonderkommandos gedient hat. Dänemark, das jetzt nicht in der Gruppe der Acht genannt wurde, operiert seit August mit dem Kriegsschiff „Absalon“ vor der somalischen Küste.
Mit ihrer Entscheidung von Deauville folgten die EU-Verteidigungsminister einer Aufforderung, die der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy am 16. September ausgesprochen hatte. Da das Treffen am 2. Oktober aber nur einen informellen Charakter hatte, handelt es sich noch nicht um einen offiziellen Beschluss. Dieser wird voraussichtlich auf der Konferenz der europäischen Verteidigungsminister in Brüssel am 10. November gefasst werden. Bis dahin sollen auch Details wie die genaue Zahl der zu entsendenden Kriegsschiffe und der Zeitplan für ihre Stationierung in der Region abgesprochen werden.
Das gesamte Gebiet um das Horn von Afrika, der Golf von Aden ebenso wie die Gewässer östlich von Somalia, sind unter dem Stichwort „Kampf gegen die Seeräuberei” zum Einsatzraum von Kriegsschiffen aus zahlreichen Ländern geworden. Neben mehreren US-amerikanischen Kriegsschiffen, die sich schon vor Ort befinden, darunter der Zerstörer Howard, ist derzeit die russische Fregatte Neustraschimi auf dem Weg dorthin.
Der UN-Sicherheitsrat hat am 2. Juni mit einer einstimmig angenommenen Resolution die Staaten der Welt dazu aufgerufen, „ihre Anstrengungen zum Abschrecken von Akten der Piraterie und des bewaffneten Raubes auf See“ rund um das Horn von Afrika in Zusammenarbeit mit der somalischen Übergangsregierung „zu steigern und zu koordinieren“. Die Entschließung räumt darüber hinaus den Kriegsschiffen aller Länder für zunächst sechs Monate das Recht ein, mit Zustimmung der Übergangsregierung auch in den somalischen Territorialgewässern aktiv zu werden.
Das riesengroße internationale Interesse, das sich ausgerechnet auf die strategisch wichtige Region um das Horn von Afrika konzentriert, ist unter dem Aspekt des „Kampfes gegen die Seeräuberei“ nicht ohne weiteres einleuchtend. Denn tatsächlich handelt es sich dabei nur um einen von mehreren Schauplätzen. Das International Maritime Bureau im London registrierte im vorigen Jahr 263 durchgeführte oder versuchte Piratenakte gegen Schiffe. Nur 31 davon, also nicht viel mehr als 10 Prozent, fanden in den Gewässern um Somalia statt. Indonesien mit 43 und Nigeria mit 42 wiesen mehr Fälle auf als Somalia.
Nach Angaben des britischen Instituts Chatham House hat sich die Zahl der Angriffe auf Schiffe vor der somalischen Küste in diesem Jahr bereits auf 61 Fälle verdoppelt. Die geschätzte Summe der erpressten Gelder im gleichen Zeitraum liegt bei 18 – 30 Millionen US Dollar, erklärt das Institut in seiner jüngsten Veröffentlichung.
Neben der geplanten Aufstellung und Entsendung einer eigenen EU-Kriegsflotte in die Region um Somalia sind mehrere europäische Staaten – darunter Deutschland, Frankreich und Großbritannien – schon seit dem Jahr 2002 an der Joint Task Force 150 beteiligt, einem multinationalen Flottenverband, der im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ in Dschibuti stationiert ist. Der Einsatzraum der Task Force 150 „umfasst das Operationsgebiet am Horn von Afrika, das südliche Rote Meer, den Golf von Aden und das Seegebiet vor den Küsten Somalias, den südlichen Persischen Golf mit der Straße von Hormus (Grenze 56. Längengrad), den Golf von Oman und die Arabische See“. – Diese Auskunft erteilte die Bundesregierung am 16. März 2007 auf eine Anfrage des Grünen Abgeordneten Hans-Christian Ströbele. Die Bundesmarine ist damit, wenn auch in einer über das Symbolische kaum hinausgehenden Dimension, Teil des von den USA angeführten Aufmarsches gegen den Iran.
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Anders als die jetzt geplante EU-Flotte steht die JTF 150 aber unter US-amerikanischem Oberkommando.