Knoten im Schwanz
Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.
Ein Kommentar zur Debatte im Darmstädter Signal anläßlich des Artikels Der Lügner vom Amt von Jürgen Rose –
Von VOLKER BRÄUTIGAM, 11. April 2011 –
Er hat sich schon viele Feinde gemacht. Jürgen Rose, Oberstleutnant i.R. und Vorstandsmitglied der kritischen Soldatenvereinigung Darmstädter Signal (DS), ist nicht nur für seine im Bundeswehr-Dienst geübte Zivilcourage bekannt, sondern auch als Autor, der kein Blatt vor den Mund nimmt und das offene Wort dem pastoralen Gesäusel vorzieht.
Klar, so einer hat nicht nur Freunde. Besonders der Bourgeois schätzt ihn nicht; der bevorzugt Seinesgleichen, auf der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Karo. Dass Rose sich jedoch sogar vor manchen engmaschig gestrickten „Kameraden“ in Acht nehmen muss, das zu erfahren macht die Zunge pelzig.
Rose verfasste unter dem Titel „Die Kriegslüge des Dr. h.c. mult. J. Fischer „einen Aufsatz für die Verbandszeitschrift ZivilCourage – Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus (Hg: Deutsche Friedensgesellschaft / Vereinigte Kriegsdienstgegner, DFG/VK). Er behandelt darin die bundesdeutsche Komplizenschaft beim Krieg gegen den Irak, betitelt den damaligen Bundesaußenminister Josef Fischer als „erstrangige Politkanaille“ sowie als „bomberverliebten Friedensverräter“ und spart auch bei Charakterisierung anderer Größen nicht am angemessen kräftigen Vokabular. Zum Beispiel nennt er die seinerzeitige Bundesregierung, die den völkerrechtswidrigen Terrorkrieg gegen Jugoslawien mit verursachte und mit führte, eine des Verfassungsbruchs schuldige „rot-grüne Mischpoke“.
Höchst verdienstvoll also, dieser neueste Rose-Beitrag; gegen Klarheit und Wahrheit lässt sich nichts einwenden, sollte man meinen. Rose zu lesen ist immer ein Genuss für Zeitgenossen, die noch etwas auf Rechtsstaatlichkeit, Friedfertigkeit und Völkerverständigung geben, auf das Ideal vom „Bürger in Uniform“, soweit es um das Soldatsein bei der Bundeswehr geht.
Roses Vereinskameraden im Darmstädter Signal scheinen jedoch nicht allesamt von Begeisterung erfasst, wenn sie einen neuen Titel von ihm zu Gesicht bekommen. Einige Wenige gehören wohl eher zur Gattung Hinterfotziger Heckenschütze. Vornehmtuer, die sich als Sensibelchen gerieren. Fehlbesetzungen, Typ Furzer im Parfümladen.
Mir scheint, es handelt sich um Figuren, die weder die politische und zivilgesellschaftliche Ratio des Kämpfers Rose gänzlich erfassen noch auch nur sein Format als Schreiber erkennen. DS-Geschäftsführer Dr. G. Pflaumer meinte die Aufnahme des Rose-Textes in den Rundbrief des DS-Förderkreises unterbinden zu müssen, um „Schaden vom DS abzuwehren“. Und Helmuth Prieß, der einst auf Roses Vorschlag hin zum Ehrenvorsitzenden des Arbeitskreises DS gewählt worden war, unterstellt ihm gar, er habe „… politisch anders Denkende tief unter der Gürtellinie vorsätzlich attackiert.
Quatsch mit Soße. Nicht irgendwelche „anders Denkenden“ hat er attackiert. Sondern auf einige für kriminelle bellizistische Politik verantwortliche Schreibtischtäter hat er eingedroschen – und wäre auch nur ein einziger Schlag daneben gegangen, so müsste man das sehr bedauern.
Aber wie hätten Sie´s denn gern, die Herren Ministerialdirektor a.D. und Oberstleutnant a.D.? Als Brühe, die ebenso aufregend schmeckt, wie wenn man die Zunge zum Fenster raushängt? Und als Nachtisch Prießbrei mit Pflaumermuß?* Sie fordern solche an sich unzulässigen und kindischen Scherze mit Namen ja geradezu heraus.
Bedauere, Ihre geschmäcklerische Bewertung gutdeutscher Sprache eines Jürgen Rose stinkt mir in die Nase und provoziert eben spöttische Kommentare. Rose hingegen weiß: Man bewältigt den Gedankentransport ins Publikum umso wirkungsvoller, je entschiedener, bildreicher und farbiger man schreibt bzw. spricht. Und ich bestätige gern: Beim Bewerten der allermeisten politischen Sauereien ist es reine Zeitverschwendung, erst einmal dezent zu hüsteln und sich affektiert das Mündchen mit der Serviette abzutupfen. Sie sollten mehr dem Volk aufs Maul schauen statt auf Ihre eigenen Bügelfalten.
Alsdann, werte Giftspritzer aus dem Konsensmilch-verschlierten Hintergrund, nehmen Sie freundlicherweise zur Kenntnis: Sie fallen einem Ihrer Besten in den Rücken. Wenn die wahren Gegner des Darmstädter Signals von Ihrer fehlgeleiteten Kritik Kenntnis erlangen, werden sie sich vor Freude johlend einen von der Palme wedeln. Ihre zweckdienlichen, verbandsöffentlich verbreiteten Vorlagen sind ja auch schon im Internet zu bewundern.
Beim Gebrauch von Schimpfvokabeln handelt es sich doch nur dann um einen Rechtsverstoß, wenn damit nicht etwas erweislich Zutreffendes gesagt wird. Ansonsten haben wir es nur mit schlichten Tatsachenbenennungen zu tun. Einen Stilbruch gibt es dabei grundsätzlich nicht. Mit „krimineller Kriegstreiber und mörderischer Lügner“ beschreibt man Fischer objektiv richtig, selbst wenn er sich subjektiv beleidigt fühlte; mit einer Klage vor Gericht käme er nicht durch. Was üblicherweise Verbalinjurie ist, kann zur zulässigen Tatsachenbeschreibung mutieren. Und im politischen Diskurs hat Schmähkritik allemal ihren Platz und eine zu respektierende Funktion.
Es könnte freilich sein, dass Sie generell jede Härte im gesellschaftlichen Diskurs für unangebracht halten, nach dem Motto: Gummi ist stärker als Stahl. Dann sollten Sie sich aber mal fragen, weshalb wohl die Sowjets in Berlin mit Panzern einmarschierten – und nicht mit Pariserlen.
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Falls es Ihnen beim Blick in den Rasierspiegel entging: Ihre Haltung kennzeichnet im Grunde alle Freunde der Zensur. Und da Sie offensichtlich meinen, es sei unpassend, mit den Händen zuzugreifen, wo sich das für Männer eigentlich empfiehlt, darf ich Ihnen vorschlagen: Machen Sie sich nächstens den Hosenstall mit Messer und Gabel auf und zu. Sie legen doch Wert auf Etikette, nöch? –
*N.B. Das Internet bietet eines Rätsels Lösung: Der Ministerialdirektor a.D. Dr. Gerd Pflaumer diente als sehr hoher Beamter (im Presse- und Informationsamt) eben jener Bundesregierung als Propagandist, die Jürgen Rose eine „rot-grüne Mischpoke“ schimpft. Das erklärt Pflaumers Säuernis. Er und Helmuth Prieß wohnen beide im gleichen nordrhein-westfälischen Swisttal. Das hat den Zielkoordinatenabgleich für das Feuern auf Rose vermutlich vereinfacht. Beide sind außerdem Sozn – und das sagt mir freilich auch schon fast alles: nicht Fisch, nicht Fleisch! Die wenigsten vertragen deftige Kritik; weder, wenn sie ihren einst regierenden fiesen Genossen gilt, noch wenn sie deren üble grüne Kumpel abmalt. Wer möchte und könnte sich schon in den eigenen Arsch treten?