Zeitfragen

Bruder Betto

Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.

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Von WOLF GAUER, 28. Januar 2013 –

Am 11. Januar sprach die UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur) den zweijährlich verliehen José-Marti-Preis  einem der bedeutendsten lateinamerikanischen Vorkämpfer für sozialen Fortschritt zu. Der brasilianische Dominikaner und Exponent der Befreiungstheologie, Carlos Alberto Libânio Christo, bekannter als Frei Betto („Bruder Betto“), wird die Auszeichnung am 30. Januar anlässlich der „Dritten Internationalen Konferenz für das Gleichgewicht der Welt“ in Havanna (Kuba) entgegennehmen. Die Ehrung gebührt nicht nur seinem lebenslangen „Beitrag für eine globale Friedenskultur, für die soziale Gerechtigkeit und die Menschenrechte in Lateinamerika und den Kariben“, (UNESCO), sondern Frei Bettos Bedeutung für die gesellschaftliche Entwicklung und Integration derjenigen Staaten, die sich von der imperialistischen Bevormundung seitens der USA gelöst haben und heute auf die Integration Lateinamerikas hinarbeiten.

Frei Betto (69) ist Autor von 53 vielfach übersetzten und prämierten Büchern, darunter die unter der Militärdiktatur trotz Folter und Zensur entstandenen „Briefe aus dem Gefängnis“ und „Bluttaufe“. Als Berater und Mentor begleitete er den sozialistischen Aufbau in Kuba, später, als Regierungsmitglied, die ersten Schritte des brasilianischen Präsidenten Lula. Im vornehmlich katholischen Lateinamerika und als einer der Initiatoren der Befreiungstheologie, hat Frei Betto die Gemeinsamkeiten christlicher und sozialistischer Denkweise und Zielsetzung gegen allen Widerstand aus Rom verteidigt, das Evangelium als Erlösung von Armut und Unterdrückung, als Absage an die traditionelle Verquickung von Kirche und Kapital: „Die kubanische Revolution ist für mich Teil des Evangeliums.“

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Im Gegensatz zum in Europa eingerissenen Brauch sinnverkehrender Preisverleihung (Ludwig-Börne-Preis, Friedensnobelpreis u.a.), entsprach die Jury der UNESCO dem Vermächtnis von José Martí und dem Stiftungsauftrag der Regierung Kubas, die diese Auszeichnung 1994 den Vereinten Nationen vorgeschlagen hatte. José  Julián Marti Pérez (1853 – 1895) war kubanischer Schriftsteller, Journalist und Philosoph, vor allem aber Wegbereiter eines nationalen Selbstverständnisses Kubas und damit der Unabhängigkeit von Spanien und der Solidarität des lateinischen Amerika. Er schrieb die Verse der „Guantanamera“, des wohl populärsten kubanischen Liedes, und er war in seinem kurzen Leben ein „hombre sincero de donde crece la palma“, ein „Aufrichtiger von dort, wo die Palme wächst“, wie es im Liedtext heißt, der „mit den Ärmsten der Erde sein Schicksal teilen will“.

José Martí fiel 1895 in den Auseinandersetzungen mit der Kolonialmacht, die erst drei Jahre später mit dem Eingreifen der USA – und deren neuerlicher Unterjochung Kubas – zu Ende gingen. Frei Betto hat die Verfolgung überlebt. Als Aufrichtiger. Und er teilt sein Schicksal mit den Ärmsten der Erde.

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