Das Neue Pearl Harbor
Der 11. September 2001 markiert in vielerlei Hinsicht eine historische Zäsur. Seitdem führen die USA einen „Krieg gegen den Terror“. Zweifel an den regierungsamtlichen Verlautbarungen und den offiziellen Untersuchungen zu 9/11 waren von Anfang an groß. Im Vorfeld des 15. Jahrestages der Anschläge erschien die deutsche Übersetzung des Buches „The New Pearl Harbor“ des US-Amerikaners Prof. David Ray Griffin. Jens Wernicke sprach hierzu mit Oliver Bommer, dem Herausgeber und Übersetzer des Buches.
Hinweis: Die Bilder sind aus den archivierten Hintergrund-Texten vor 2022 automatisch entfernt worden.
Herr Bommer, vor kurzem erschien das viel beachtete Buch Das Neue Pearl Harbor dank Ihnen auch in deutscher Sprache. Was hat es mit „Pearl Harbor“, dessen historische Aufarbeitung spannende Fakten zutage gebracht hat, auf sich und welches „neue“ Pearl Harbor ist hier gemeint?
Zahlreiche Kommentatoren haben den 11. September 2001 mit dem Angriff auf Pearl Harbor von 1941 verglichen; selbstverständlich im Einklang mit der offiziellen Version, laut der die Anschläge völlig überraschend kamen. Doch nicht nur das: es wurde auch eine Reaktion wie bei Pearl Harbor verlangt, die mit der militärischen Niederlage des Gegners enden sollte, wie dies im Zweiten Weltkrieg geschah. Ein weiterer Grund, das Buch entsprechend zu betiteln, war, wie Prof. Griffin schreibt, ein Dokument aus dem Jahre 2000, das von einer Gruppe der sogenannten Neokonservativen herausgegeben wurde, von denen viele später hohe Positionen in der Bush-Administration innehatten.
In diesem Dokument wurde ein katastrophales und katalytisches Ereignis wie „ein neues Pearl Harbor“ herbeigesehnt, um die USA militärisch nach innen und außen umgestalten und die US-amerikanische Vorherrschaft über Jahrzehnte und länger aufrechterhalten zu können. Konkret heißt es dort: „Ferner wird der Transformationsprozess, selbst wenn er revolutionären Wandel mit sich bringt, wahrscheinlich lange andauern, wenn nicht ein katastrophales und katalytisches Ereignisses eintritt – wie ein neues Pearl Harbor.“
Und Prof. Griffin und Sie sind nicht einverstanden mit der offiziellen Darstellung der Ereignisse? Wieso?
Prof. Griffin war selber ursprünglich Anhänger der offiziellen Verschwörungstheorie. Er war über Jahre davon überzeugt, dass die offizielle Darstellung, wie sie von den Medien verbreitet wurde, auch genau dem entsprach, was an diesem Tag passiert ist. Erst nachdem er wiederholt auch von akademischen Kollegen auf die der offiziellen Version widersprechenden Fakten hingewiesen wurde, war er überhaupt bereit, sich diese anzusehen.
Er erkannte, dass es zahlreiche Widersprüche gab und begann, die öffentlich zugänglichen Fakten der offiziellen Version gegenüberzustellen. Er tut dies alles in seiner gewohnt wissenschaftlichen Darstellungsweise und dennoch in einer solchen Klarheit, dass der unbedarfte Leser einen Überblick gewinnt und versteht, was in diesem Zusammenhang medial unter den Teppich gekehrt wurde.
Das beste Beispiel dafür ist der „dritte Turm“ (WTC 7), der an diesem Tag eingestürzt ist – ein Ereignis, das im Bericht der offiziellen Untersuchungskommission mit keinem Wort erwähnt wurde. Wenn eine Regierung schon einen ganzen Turm „verstecken“ kann, was denn dann noch? Ich selbst war fünf Jahre lang von der offiziellen Theorie überzeugt, doch dann habe ich die Bücher von Prof. Griffin studiert und konnte mich seiner zwingenden Logik nicht entziehen, dass die offizielle Darstellung nicht der Wahrheit entsprechen kann.
Das heißt Professor Griffin verbreitet nun selbst… Verschwörungstheorien. Aliens oder die CIA hätten den Angriff ausgeführt, um… – oder worüber sprechen wir? Manche Pressevertreter bezeichnen das Buch ja als erste wissenschaftliche Aufarbeitung der Ereignisse am 11. September…
Ich muss mich grundsätzlich des Begriffs der Verschwörungstheorie beziehungsweise des Verschwörungstheoretikers mit seiner durchweg negativen Konnotation erwehren. Die Kritik an der offiziellen Version wird von Wissenschaftlern aus verschiedenen Bereichen mit ihrer jeweiligen Expertise getragen, auch wenn wir davon in den Medien kaum etwas hören. Es gibt mittlerweile Vereinigungen von Physikern, Chemikern, Architekten und Ingenieuren, Fachleuten für Gebäudesprengungen, Piloten, Geheimdienstmitarbeiter und vielen anderen mehr, die sich allesamt der offiziellen Theorie widersetzen.
Wir haben es letztendlich mit zwei sich gegenseitig ausschließenden Standpunkten zu tun: Die offizielle Version, nach der al-Qaida alleine für die Anschläge verantwortlich ist, und alternative Theorien, deren Spannbreite sich erstreckt über die Behauptung, al-Qaida habe überhaupt nichts damit zu tun gehabt, bis hin zu der These, al-Qaida sei in die Anschläge involviert gewesen, aber wurde dabei von Insidern aus der US-Administration unterstützt. Bei allen Sichtweisen – also auch der offiziellen – handelt es sich um Verschwörungstheorien, da die Anschläge das Resultat einer konspirativen Aktion mehrerer Beteiligen waren.
Prof. Griffin geht an mehreren Stellen auf die Definition des Begriffs Verschwörungstheorie ein und belegt, dass die offizielle Version die eigentliche Verschwörungstheorie in jenem negativen Sinne ist, in dem der Begriff in der Regel benutzt wird: Eine haltlose Theorie ohne jegliche Beweise. Und zwar deshalb, weil sich die angeblichen Beweise bei näherer Betrachtung lediglich als Behauptungen, Suggestionen oder bewusste Täuschung herausstellen.
Aber zu recht sprechen Sie hier Aliens an: Es ist nämlich mittlerweile gängige Praxis der Medien, Zweifel an offiziellen Verlautbarungen ins Abseits zu stellen. Man vermischt bewusst scheinbar abwegige Theorien – „Elvis lebt“ – mit durchaus berechtigten Zweifeln zu gewissen Ereignissen, um dann schließlich jegliche Recherchen, die zu einem anderen Ergebnis kommen, als Spinnerei abtun zu können. Neuerdings sitzen in Fernseh-Sendungen, die die alternativen Theorien widerlegen sollen, gerne Psychologen, die dann allen Zweiflern einen wie auch immer gearteten Defekt andichten. Bitte achten Sie einmal darauf!
Bitte geben Sie doch ein, zwei einleuchtende Beispiele für diese „wissenschaftliche Aufarbeitung“, die über jeden Zweifel von verschwörungstheoretischer Spinnerei erhaben sei.
Das kann ich gerne tun, auch wenn ich mich hier nur auf ein Beispiel beschränken möchte: World Trade Center 7. Das ist der besagte dritte Turm, der an diesem Tag eingestürzt ist, von dem aber die Breite der Bevölkerung nichts weiß und der von vielen 9/11-Skeptikern als Achilles-Ferse der offiziellen Theorie bezeichnet wird. Und dies aus gutem Grund: Sieht man sich Videos des Einsturzes dieses Hochhauses an, gelangt man selbst als Laie sofort zu der Überzeugung, dass es sich um eine kontrollierte Sprengung handelt. Ich habe diesen Test mit zahlreichen Schülern und Studenten gemacht, die zuvor, wie fast alle, noch nie etwas von diesem Gebäude gehört hatten. Nun ist es unerheblich, welchen Eindruck Laien bei diesem Gebäude-Einsturz haben. Doch zahlreiche Experten auf diesem Gebiet bestätigen, dass genau das passiert sein muss. Prof. Griffin hat ein ganzes Buch nur über dieses Gebäude geschrieben.
Und aus diesen und anderen Gründen sehen Herr Prof. Griffin und Sie es als bewiesen an, dass … ja, was eigentlich: Die US-amerikanische Regierung zu 9/11 lügt?
Dass die US-Regierung lügt, dafür brauche ich Prof. Griffin nicht! Das dürfte mittlerweile jedem bekannt sein, der sich auch außerhalb der Mainstream-Medien informiert. Der Tonkin-Zwischenfall etwa, der den Eintritt der USA in den Vietnam-Krieg ermöglichte, die angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak und vieles andere mehr zeigen ja eindeutig, dass Kriegsgründe inszeniert werden.
Dazu zählt auch die von einer PR-Firma inszenierte „Brutkastenlüge“, mit der die Stimmung der westlichen Bevölkerung zugunsten eines Eintritts in den Golfkrieg 1991 manipuliert werden sollte. Der 11. September reiht sich hier also nur in eine ganze Reihe von Lügen ein, die benutzt wurden, um der eigenen Bevölkerung einen Krieg zu verkaufen.
Aber ich muss die US-Regierung auch in Schutz nehmen. In dem Sinne nämlich, dass sie sich nicht allein solcher Methoden bedient. Grundsätzlich nutzen beziehungsweise nutzten imperiale Mächte immer wieder diese Vorgehensweise der sogenannten „Operation unter falscher Flagge“, bei der Beweise vorgetäuscht werden, um einen Vorwand zu schaffen, einen (unterlegenen) Gegner aus angeblicher Selbstverteidigung heraus angreifen zu können.
So begann der Zweite Weltkrieg etwa mit dem Überfall auf den Sender Gleiwitz und wurde der Mukden-Zwischenfall vom japanischen Kaiserreich inszeniert. Prof. Griffin listet dazu weitere Beispiele auf. Es sind also nicht die Vereinigten Staaten allein, die Kriegsgründe inszenieren.
Aber warum sollte ein Land, sollte eine Regierung so etwas tun?
Derlei Lügen werden vor allem im Vorfeld eines Krieges genutzt, um die Zustimmung der eigenen Bevölkerung für einen Kriegseinsatz zu erheischen – die meisten Menschen wollen ja keinen Krieg. Daher muss man für die Bevölkerung einen Kriegsgrund erfinden, damit man den Gegner angreifen kann, sei es um Gebiete zu erobern oder, was in neuerer Zeit eine Rolle spielt, Rohstoffe zu erbeuten beziehungsweise Handelswege zu kontrollieren. Inszenierte und medial verbreitete Gräueltaten mobilisieren die Bevölkerung für den Krieg und lassen ihn gerechtfertigt erscheinen.
Warum ist in diesem Zusammenhang gerade 9/11 so wichtig? Was macht diesen Tag und die Ereignisse an ihm zu etwas so Besonderem?
Der 11. September reiht sich lückenlos in diese inszenierten Kriegsgründe ein. Der Unterschied ist allerdings, dass hierbei von Anfang an die ganze Welt als potentielles Einsatzziel auserkoren und die gesamte muslimische Welt pauschal zum Gegner erklärt wurde. Und auch hier finden wir das typische Phänomen: Ein unterlegener Gegner – oder im Falle von al-Qaida ein unbedeutender und weitgehend unbekannter Gegner – greift die Weltmacht USA an, und diese überlegene Macht muss sich nun „verteidigen“ und erhält somit den Vorwand, in bestimmten Regionen militärisch zu intervenieren und wie in Afghanistan dauerhaft Militärbasen zu installieren.
Aber das ist nicht die einzige Besonderheit: Die Ereignisse des 11. September wurde fast zeitgleich über die Fernsehanstalten live in die ganze Welt übertragen. Das hat es in dieser Form noch nie gegeben. Auch ein weiteres Phänomen ist bemerkenswert: Während bei vorherigen Ereignissen die Analyse des Ereignisses lokal begrenzt war, hat sich nach dem 11. September eine internationale Bewegung herauskristallisiert, da eben dieses Ereignis globale Auswirkungen hatte und bis heute hat.
Was täte not, um die Wahrheit jenseits der vorhandenen Verschwörungstheorien und Regierungslügen aufzudecken? Auf welche Entwicklungen hoffen Sie?
Die Zielrichtung ist klar: Wir brauchen eine neue, unabhängige, internationale Untersuchung. Das 10. Kapitel des Buches trägt daher auch den entsprechenden Titel: „Die Notwendigkeit einer neuen Untersuchung“. Wobei man eigentlich von einer ersten tatsächlichen Untersuchung sprechen sollte. Denn mit der damaligen Untersuchungskommission und ihrem Bericht hat die US-Regierung unter George W. Bush de facto selbst die Untersuchung geleitet und ist dann zu dem Ergebnis gekommen, dass Osama bin Laden der Schuldige war. Welch Überraschung!
Weniger bekannt ist die Tatsache, dass der gesamte Bericht der beauftragten Kommission bereits vor der Untersuchung mit Kapiteln, Überschriften und Unter-Überschriften feststand und dann nur noch die Lücken mit Text gefüllt wurden. Prof. Griffin hat ein ganzes Buch über die Auslassungen und Verfälschungen der 9/11-Kommission geschrieben und listet über einhundert davon auf-TC 7 ist da nur ein Punkt unter vielen.
Dennoch glaube ich nicht, dass die Initiative einer neuen Untersuchung aus den USA kommen wird. Ich vermute eher, dass mit der geostrategischen Machtverschiebung zugunsten neuer aufstrebender Mächte vielleicht in einem oder mehreren Jahrzehnten eine neue internationale Kommission aufgestellt wird. Aber das alles ist nur Spekulation.
Der New York Times-Bestsellerautor David Talbot berichtete kürzlich im Interview nicht nur davon, dass es inzwischen als belegt angesehen werden dürfe, dass die CIA Kennedy ermordet habe. Er meinte auch, er „glaube, dass sich als nächstes die explosiven Verschwörungstheorien um den 11. September und um die Verbindungen der Saudis und vielleicht sogar des US-amerikanischen Geheimdienstes zu zumindest einigen der Flugzeugentführer vor dem Angriff von 2001 als wahr herausstellen werden“. Stimmen Sie zu?
Wenn ich ehrlich bin, eher nicht. Was wäre denn, wenn offiziell eingestanden würde, dass Kennedy von der CIA ermordet wurde? Man würde alles auf bereits verstorbene Personen und die damalige Situation schieben und beteuern, dass dies in unserer Zeit ausgeschlossen wäre. Ähnlich wird es, so denke ich, auch sein, wenn neue Einzelheiten über den 11. September enthüllt werden. Prof. Griffin schreibt ausführlich über die angeblichen Entführer, deren Verhalten im Vorfeld der Anschläge nicht dem gläubiger Muslime entsprach. Aber um solche Widersprüche machen die Mainstream-Medien lieber einen großen Bogen.
Im Prinzip liegen alle Informationen bereits lange Zeit offen zugänglich vor. Deswegen sehe ich auch die Aufgabe meiner Übersetzungsarbeit nicht darin, irgendwelche Leute zu überzeugen, dass der 11. September ein „Inside Job“ war, sondern darin, denjenigen Personen, die sich ohnehin für das Thema interessieren, einen fundierten, wissenschaftlichen Überblick zu verschaffen. Die dreizehn Bücher von Prof. Griffin über den 11. September sollen hier im deutschsprachigen Raum eine Art Richtschnur darstellen.
Ich bedanke mich für das Gespräch.
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Oliver Bommer hat Sprachwissenschaft mit Schwerpunkt altsemitischer Philologie und Medizin bis zum Physikum studiert. Seit über zehn Jahren unterrichtet er in der Oberstufe als Hauptfach Mathematik, aber auch Naturwissenschaften und Sprachen. Zurzeit unterrichtet er an einer internationalen Schule in Bangkok. Parallel übersetzt und verlegt er mit seinem Verlag Peace Press die dreizehn Bücher von Prof. David Ray Griffin über den 11. September. Das Buch Osama bin Laden und das Grundlagenwerk Das Neue Pearl Harbor, Band 1, sind bereits lieferbar. Der nächste Band erscheint voraussichtlich Ende November; das Buch Der mysteriöse Einsturz von WTC 7 soll im Januar 2017 erscheinen.