Zweifel verboten: UN-Sonderberichterstatter unter Beschuss
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Von REDAKTION, 27. Januar 2011 –
Das Thema „11. September“ beschäftigt erneut die Vereinten Nationen. Zuletzt hatten die Äußerungen des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad für Schlagzeilen gesorgt, der in seiner Rede am 23. September 2010 vor der UN-Vollversammlung in New York die offizielle Version des 11. September in Frage stellte und eine Untersuchung der Ereignisse im Rahmen der Vereinten Nationen forderte. Diesbezüglich
Der US-Amerikaner Richard A. Falk ist Jura-Professor und seit 2008 Sondergesandter des UN-Menschenrechtsrates für die Palästinensischen Autonomiegebiete. Er schrieb ein Vorwort für David Ray Griffins Buch The New Pearl Harbor: Disturbing Questions About the Bush Administration and 9/11 und verglich die Politik der Israelis gegenüber den Palästinensern mit der Politik der Nationalsozialisten gegenüber den Juden. |
hat sich jedoch nichts getan. Stattdessen läuft gegenwärtig eine Kampagne gegen den UN-Sonderberichterstatter Richard Falk. „UN Menschenrechtsbeauftragter behauptet, 9/11 war ein US-Plot,“ titelte der britische Telegraph vor zwei Tagen (25. Januar) und bezieht sich auf einen Blog-Eintrag von Richard Falk.(1) Darin hat dieser aber weder die Behauptung aufgestellt, dass die US-Regierung für den 11. September verantwortlich sei, noch, wie das Schweizer Online-Magazin 20Minuten schreibt (2), dass der US-Geheimdienst hinter den Anschlägen stecke. Auch behauptete der „Spinner“, so die Bezeichnung der New York Daily News in einem hetzerischen Artikel, nicht, dass die Bush-Administration das World Trade Center gesprengt habe. (3) Tatsächlich hatte Falk in seinem Blog „nur“ geschrieben, dass seitens der US-Regierung eine Vertuschung in Sachen 9/11 stattfindet.
Er kritisierte zudem insbesondere die Rolle der Massenmedien: „Was vielleicht noch besorgniserregender ist als die offenkundige Vertuschung, ist das unheimliche Schweigen der Mainstream-Medien, die nicht willens sind, die gut belegten Zweifel an einer offiziellen Version anzuerkennen, welche da lautet: eine Al-Qaeda-Operation ohne Vorwissen seitens Regierungsbeamter. Ist das Schweigen eine Manifestation der Furcht oder Ausdruck einer ebenso beunruhigenden Selbst-Zensur?“ (4)
UN-Generalsekretär Ban ki-Moon nannte Falks Äußerungen „absurd“ und bezeichnete sie als eine „Beleidigung des Andenkens der über 3000 Menschen, die bei den Anschlägen starben“. Ban wies darauf hin, dass es nicht in seinem Verantwortungsbereich läge zu entscheiden, ob Falk von der UN entlassen werden sollte. Bans Stabschef Vijay Nambiar erklärte, dieses zu entscheiden sei Angelegenheit des UN Menschenrechtsrates, in dessen Auftrag Falk arbeitet. (5)
Ins Rollen gekommen war die Kampagne durch einen Brief der Organisation UN Watch, welche es sich laut Eigendarstellung zur Aufgabe gemacht hat, die Beschlüsse der UN im Hinblick auf die Menschenrechte kritisch zu beobachten, an Ban ki-Moon.
Darin wurde Ban aufgefordert, Falks „anstößige Bemerkungen“ zu verurteilen und ihn „unverzüglich“ des Amtes zu entheben. UN Watch begrüßte anschließend Bans „eindeutige Verurteilung“ der „verachtenswerten Kommentare“ Richard Falks. (6) Allerdings gibt man sich damit bei UN Watch nicht zufrieden. Der Menschenrechtsrat sei nicht vertrauenswürdig und würde in dieser Angelegenheit nicht von selbst handeln. Daher müssten Ban and Ms. Pillay ihre „Macht und Verantwortung“ nutzen, um eine „einflussreiche und ausschlaggebende Rolle“ im Fall Falk zu spielen.
UN Watch-Direktor Hillel Neuer ermahnte Ban ki-Moon sowie die Hohe Kommissarin der Vereinten Nation für Menschenrechte, Navi Pillay, den „nächsten logischen Schritt“ zu unternehmen, und Falk, den „Serientäter mit keinerlei Glaubwürdigkeit“, zu entlassen. (7)
Auch die UN-Botschafterin der USA, Susan Rice, schaltete sich in die Debatte ein. „Meiner Ansicht nach sind Falks jüngste Äußerungen so schädlich, dass für alle klar sein sollte, dass er nicht länger in seiner Position für die UN arbeiten sollte. Ich möchte anmerken, dass die Diplomaten der USA und die vieler anderer Länder aus Protest den Saal verließen, als der iranische Präsident Ahmadinedschad ähnliche Äußerungen vor der UN-Vollversammlung von sich gab.“ Falks Ansichten seien „verabscheuungswürdig und zutiefst beleidigend“, so Rice. (8)
Rice vergaß jedoch anzumerken, dass die Mehrheit der UN-Mitglieder – darunter Russland, China und Japan – den Saal nicht verließ, als Ahmadinedschad auf das Thema zu sprechen kam. Offenbar empfanden sie dessen Worte nicht als „verabscheuungswürdig“.
Die Angriffe gegen Falk kommen überraschend, denn er hatte sich bereits in der Vergangenheit ähnlich geäußert – noch bevor er sein gegenwärtiges Amt innehatte. So unterschrieb er 2004 eine Petition, die eine unabhängige Neuuntersuchung der Ereignisse forderte. (9) Für Schlagzeilen sorgte diese Erklärung aber erst fünf Jahre später, nachdem bekannt wurde, dass Präsident Obamas damaliger Berater Van Jones diese ebenso unterzeichnet hatte. Jones trat in der Folge – trotz seiner nachträglichen Distanzierung vom Inhalt der Erklärung – im September 2009 von seinem Posten zurück. (10)
Die mitunter hysterisch anmutenden Reaktionen auf Falks Äußerungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Falk in seinem jüngsten Blog-Eintrag nur eine leicht überprüfbare Behauptung erneuert hat, die den Tatsachen entspricht. Dass die US-Regierung Vorgänge im Zusammenhang mit dem 11.September vertuscht hat, lässt sich alleine schon anhand der 28 durch das Weiße Haus geschwärzten Seiten des Berichtes der Untersuchungskommission nachweisen, die die Verbindungen saudischer Behörden zu mutmaßlichen Hijackern zum Inhalt haben. Auch Bans Unterstellung, Falk beleidige damit das Andenken der bei den Anschlägen Getöteten, entbehrt jeder Substanz. Schließlich waren es Angehörige von Opfern, die erst den öffentlichen Druck erzeugten, der die Bush-Regierung dazu brachte, nach über einem Jahr eine Untersuchungskommission einzurichten – welche allerdings ihrem Namen keine Ehre machte und auf die meisten Fragen der Angehörigen keine Antwort lieferte. (11)
Falk steht mit seinen Ansichten, dass die US-Regierung nicht die Wahrheit über den 11. September gesagt hat, nicht allein. Fast 90 Prozent der deutschen Bevölkerung sehen das laut einer aktuellen Emnid-Umfrage, die im Auftrag der Zeitschrift Welt der Wunder durchgeführt wurde, genau so.
„Ein derartiges Meinungsbild ist eine ernst zu nehmende Warnung an unsere Politiker“, sagt der Politikwissenschaftler Nils Diederich, Professor an der Freien Universität Berlin. „Ich rate der Bundesregierung sehr, darauf zu reagieren!“ (12)
Auch in der UN sind Falks Ansichten offenbar öfter anzutreffen, als von der Öffentlichkeit wahrgenommen. Der ehemalige UN-Botschafter der USA John Bolton zeigte sich bereits vor zwei Jahren besorgt darüber, dass solcherlei Zweifel unter vielen UN-Delegationen verbreitet seien. (13) Vielleicht ist das der Grund, warum auf Falks Ansichten so gereizt reagiert und die Entfernung aus seinem Amt gefordert wird. Dies lässt sich auch als Warnsignal gegenüber diejenigen interpretieren, die eventuell ähnliche Ansichten vertreten, es ihm nicht gleichzutun.
Womöglich ist Falks 9/11-Skepsis aber nur ein Vorwand, um ihn seines Postens, den er seit März 2008 inne hat, entheben zu können. In seiner Rolle als UN-Sonderberichterstatter des Menschenrechtsrates für die palästinensischen Gebiete hat Falk immer wieder die Behandlung der Palästinenser seitens der israelischen Regierung kritisiert und auf die schlechte Menschenrechtslage in den palästinensischen Gebieten hingewiesen.
Die Organisation UN Watch, die durch ihren Brief an Ban ki-Moon erst die Aufmerksamkeit auf Falks kritischen Blog-Eintrag gelenkt hat, ist eng verbunden mit dem American Jewish Committee – und daher Israels Interessen verpflichtet.
Anscheinend hält man dessen Äußerungen zum 11. September für eher geeignet, ihm daraus „einen Strick zu drehen“, als seine Stellungnahmen zum israelisch-palästinensischen Konflikt. Auch der Zeitpunkt scheint gut gewählt. Im Mai läuft Falks dreijährige Amtszeit als Sonderberichterstatter aus. Zumeist wird eine solche aber automatisch verlängert. Genau das soll wohl verhindert werden.
Inwieweit man es innerhalb der UNO mit den Menschenrechten ernst meint, zu denen bekanntlich auch das Recht auf Meinungsfreiheit zählt, wird sich spätestens im Mai zeigen, wenn über die Verlängerung von Falks Amtzeit abgestimmt werden muss. So oder so, die Debatte um den 11. September wird dadurch kein Ende finden. Im Gegenteil.
Anmerkungen
(2) http://www.20min.ch/news/ausland/story/24010676
(3) http://www.nydailynews.com/opinions/2011/01/21/2011-01-21_paranoia_runs_deep.html
(4) http://richardfalk.wordpress.com/2011/01/11/interrogating-the-arizona-killings-from-a-safe-distance/
(7) ebd.
(8) http://usun.state.gov/briefing/statements/2011/155273.htm
(9) http://www.911truth.org/article.php?story=20041026093059633
(10) http://www.salon.com/news/feature/2009/09/11/truth_petition/
(11) http://www.911independentcommission.org/questions.html
Siehe dazu auch: http://www.hintergrund.de/20080430193/hintergrund/11-september-und-die-folgen/911-untersuchung-auf-dem-pruefstand.html
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(12) http://www.bauermedia.de/weltderwunder.html?&tx_ttnews[tt_news]=750&tx_ttnews[backPid]=4&cHash=6e15318bbc#content
(13) http://www.foxnews.com/story/0,2933,369122,00.html