Zur Friedensbewegung und ihrem neuen Anlass
Angesichts der steigenden Kriegsgefahr in Europa versucht sich die Friedensbewegung neu zu formieren. Georg Schuster schaut sich die historischen Vorbilder an und analysiert die gegenwärtigen Anlässe für die Bewegung wie die Bewegung selbst.
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Dass der Russe „womöglich“ Europa erobern will, lässt sich in heutigen Qualitätsmedien einfach so hinschreiben, obwohl es historisch wiederholt eher andersherum war. Immerhin taugt dieses Verfahren dazu, eine Distanz zum Krieg in die Schützenhilfe für den Feind um- und ‚Landesverrat‘ anzudeuten. Denn „‘Deutschland‘ – definiert als westliche liberale demokratische Lebensweise – ist es wert verteidigt zu werden […], weil es in einem von Russland kontrollierten Staat keine Freiheit gäbe.“ Die Art, wie sich der Volontär die erstrebte Kriegstüchtigkeit seiner zurechtdefinierten Nation plausibel macht, leistet sich zwar das theoretische Unding, die russische Staatsräson als Negation von Freiheit schlechthin zu erklären. Man erfährt aber immerhin, dass diesem Staat die Verteidigung seiner „Lebensweise“ nicht zusteht und dass es sich für die unsrige zu sterben lohnt, aus welchen Gründen auch immer. Ein Autor der alternativen TAZ, Leon Holly (Jg. 96), schreibt sich dann noch von links an die Vaterlandsverteidigung heran und betont, dass sogar ukrainische Anarchisten heute der nationalen Sache beistehen – „um morgen die freie Gesellschaft zu schaffen“. Das sollten sich vaterlandslose Gesellen wie Nymoen gesagt sein lassen und nicht feige „sichere Häfen suchen, sollten russische Iskander-Raketen in der Friedrichstraße einschlagen“. Und schließlich: „Auch die sozialistische Utopie müsste sich vielleicht eines Tages im Verteidigungskrieg wehren.“ Auch so kann man die Aufforderung an Kriegsgegner einkleiden, gefälligst die linke Schnauze zu halten und einstweilen den erklärten Gegnern der eigenen „Utopie“ zum Sieg zu verhelfen.