Das atomare Taurus-Geheimnis
In Deutschland wird weiterhin über die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine gestritten. Norbert Häring macht auf einen möglichen Grund für die Zurückhaltung von Bundeskanzler Olaf Scholz aufmerksam: Die Raketen könnten atomar bestückt werden. Wie könnte die Lieferung von Russland interpretiert werden?
Taurus-Marschflugkörper haben eine Reichweite von 500 Kilometern. Von der nördlichen Grenze der Ukraine mit Russland können sie Moskau erreichen. Das unterscheidet Taurus von den Marschflugkörpern mit kürzerer Reichweite, die andere Nato-Länder liefern. Taurus-Marschflugkörper haben außerdem die Fähigkeit, besonders tief zu fliegen. Sie sind dadurch von gegnerischen Luftabwehrsystemen kaum frühzeitig zu orten.
Aus russischer Sicht bedeutet also eine Lieferung von Taurus an die Ukraine, dass die Ukraine damit Moskau atomar vernichten könnte. Jedenfalls wenn es die passenden nuklearen Sprengköpfe mitgeliefert oder nachgeliefert bekommt. Ob das der Fall ist, kann Russland kaum verlässlich feststellen bzw. ausschließen.
Das heisst für Russland: wenn es zulässt, dass die Ukraine diese Marschflugkörper bekommt, verändern sich die militärischen Machtverhältnisse radikal. Die Ukraine käme in die Lage, mehr oder weniger glaubwürdig damit zu drohen, Moskau zu vernichten.
Russland wäre außerdem von der Möglichkeit bedroht, dass die USA/Nato vom Nachbarland und Nicht-Natomitglied Ukraine aus einen atomaren Erstschlag gegen Russland versuchen.Abo oder Einzelheft hier bestellen
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