9/11-Untersuchung: Die Zweifel wachsen weltweit
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Von SEBASTIAN RANGE, 23. März 2009 –
Im Libanon wurden Ende Oktober 2008 zwei mutmaßliche Mossad-Agenten unter dem Verdacht festgenommen, einen Spionage-Ring zu leiten.
Bei der Durchsuchung von Haus und Fahrzeug sei moderne Observations- und Kommunikations-Ausrüstung sicher gestellt worden. Einer der beiden festgenommenen Brüder habe inzwischen gestanden, seit den 1980er Jahren für den Mossad zu arbeiten. Der libanesische „Daily Star“ berichtete außerdem, dass die Brüder Verwandte des mutmaßlichen 9/11 Hijackers Ziad Jarrah seien, der Flug UA 93 gesteuert haben soll.
Die daraufhin an die Öffentlichkeit gelangten Informationen bestätigen diesen Verdacht. Bei den Festgenommenen handelt es sich um Ali D. Jarrah und Yussef Jarrah, beide stammen wie Ziad Jarrah aus dem Ort Marji mit etwa 15.000 Einwohnern. Ob sie den vermeintlichen Hijacker aber überhaupt kannten, ist ungewiss, da es sich wohl nicht um nahe Verwandte handelt. Israel hat bislang zu den Festnahmen keine Stellung genommen. (1)
Ob Ziad Jarrah etwas mit dem Mossad zu tun hatte, bleibt daher reine Spekulation. Keine Spekulation jedoch ist die Tatsache, dass es der Mossad vor dem 11.September 2001 geschafft haben muss, das Al-Qaida-Netzwerk in den USA in irgendeiner Weise zu infiltrieren. Wiederholt warnte der Mossad, wie auch Geheimdienste anderer Nationen, die Kollegen der amerikanischen Dienste vor Anschlägen großen Ausmaßes. Die Informationen seien zu unspezifisch gewesen, weshalb man die Anschläge nicht habe verhindern können, so die offiziellen Stellen später auf den Vorwurf, warum trotz all der Warnungen nicht gehandelt wurde. Der Vorwurf wurde sogar umgedreht: der Mossad habe nur unspezifische Informationen geliefert, obwohl er viel mehr wusste.
Doch schon am 23. August 2001, über zwei Wochen vor den Anschlägen, übergab der israelische Dienst eine Liste mit den Namen von 19 Personen an die CIA, von denen angenommen wurde, sie würden in naher Zukunft Anschläge in den USA durchführen. Vier Namen der Liste wurden öffentlich: Nawaf Al-Hazmi, Khalid Al-Mihdhar, Marwan Al-Shehhi und Mohamed Atta. Also der harte Kern der mutmaßlichen 9/11-Attentäter. Signifikanter ging es gar nicht. (2)
Ob die amerikanischen Dienste wirklich aufgrund völliger Inkompetenz versagt haben, oder ob das Nicht-Eingreifen von höheren Stellen angeordnet wurde, dies zu klären wäre die Aufgabe einer Untersuchungs-Kommission gewesen. So oder so, auch bei einem Versagen hätten Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden müssen, wie es selbst beim „alten“ Pearl Harbor der Fall war.
Doch die 9/11 Kommission zog niemanden zur Verantwortung. Die Unzulänglichkeiten der offiziellen 9/11-Untersuchung sind hinreichend bekannt: Das Gremium wurde nur mit einem lächerlich geringen Budget ausgestattet. Zugang zu wichtigen Dokumenten wurde ihm versagt oder es verzichtete von selbst darauf, wie im Fall des unbeachtet gelassenen, umfangreichen Materials der National Security Agency (NSA). Verwehrt wurde der Kommission auch der direkte Zugang zu den Al-Qaida-Gefangenen, auf deren erfolterten „Geständnissen“ der im Kommissions-Bericht geschilderte Tathergang maßgeblich beruht.
Alle Angehörigen der Kommission befanden sich aufgrund ihrer politischen und beruflichen Verstrickungen in einem Interessenkonflikt. Laut Kommissions-Mitglied John Lehman wurde die Kommission sogar absichtlich deswegen so zusammengesetzt.
Ihr ausführender Direktor wurde Philip Zelikow. Er arbeitete die „National Security Strategy 2002“ aus und kreierte darin die Strategie des Präventivschlags, die als Grundlage für den Angriff auf den Irak 2003 diente. Wie öffentliche Mythen funktionieren und sich konstruieren lassen gilt als sein Fachgebiet.(3)
War er deswegen so gut für den Posten in der Kommission geeignet? Die Ergebnisse der Untersuchung wartete er jedenfalls nicht ab. Sofort nach seinem Antritt im Januar 2003 schrieb er bereits den Entwurf des im Juli 2004 erschienenen abschließenden Berichts.
Als der Stab der Kommission sich im März 2003 gerade erst an die Arbeit machte, hatte Zelikow den Entwurf bereits ausgearbeitet, inklusive Kapitel, Unterkapitel und Unter-Unter-Kapitel.
Zelikow übergab seine Arbeit den Vorsitzenden Kean und Hamilton. Sie zeigten sich erfreut über seinen Fleiß, waren aber auch besorgt, dass der Entwurf als Beweis betrachtet werden könnte, dass sie das Ergebnis vorweggenommen haben. Also entschlossen sie sich, den Entwurf vor den anderen Mitgliedern der Kommission geheim zu halten. Er sollte behandelt werden, als würde es sich um das vertraulichste Dokument handeln, das sich im Besitz der Kommission befindet.
Die Sorge der Vorsitzenden war nicht unbegründet. Als später intern herauskam, dass Zelikow bereits zu Beginn der Untersuchung einen detaillierten Entwurf des finalen Berichts erstellt hatte, waren viele Angehörige des Kommissions-Stab alarmiert. Im April 2004 erhielten auch sie schließlich Kopien seiner Arbeit. Als Parodie auf seinen Entwurf zirkulierte daraufhin unter einigen Mitgliedern ein zweiseitiges Papier mit dem Titel: „Der Warren-Kommission-Bericht – Präventiver Entwurf“. Die Warren-Kommission „untersuchte“ seinerzeit das Attentat auf John F. Kennedy. Ein Kapitel der Parodie lautete: „Die einzelne Kugel: Wir haben noch keine Beweise dafür gesehen. Aber wirklich. Wir sind sicher“. (4)
Drohungen gegen 9/11-Skeptiker
Angesicht der Tatsache, dass nie eine Untersuchung stattgefunden hat, die diesen Namen verdient, ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Menschen die offiziell gültige Theorie der Al-Qaida-Verschwörung hinterfragen. Darunter seit kurzem auch Jean-Marie Bigard. Er gilt als der größte Komödiant Frankreichs, mit seinen Späßen füllt er ganze Fußballstadien. Doch mit dem Spaß war es vorbei, als Bigard kurz vor dem 7. Jahrestag der Anschläge in einem Radio-Interview die offizielle Version anzweifelte und behauptete, dass die US-Regierung darin involviert ist. (5)
Ein Sturm der Entrüstung brach los. Bigard erhielt Morddrohungen, in den Medien wurde er als „9/11-Leugner“ stigmatisiert. Die semantische Nähe zu Holocaust-Leugnern war gewollt, denn mit Letzteren wurde er auch noch in einen Topf geworfen. Natürlich hat Bigard weder 9/11 noch den Holocaust geleugnet. Aber es ging auch nicht darum, sich mit seinen Ansichten faktisch auseinanderzusetzen, sondern ihn zu dämonisieren. Seine Ansichten sollten medial aus dem Bereich des Diskutierbaren ausgeschlossen werden, wozu sich der Vorwurf der Holocaust-Leugnung besonders eignet.
Dabei hätte Bigard ahnen können, was auf ihn zu kommt. Schon ein halbes Jahr zuvor musste die französische Schauspielerin und Oscar-Gewinnerin Marion Cotillard ähnliches über sich ergehen lassen. Nachdem sie Zweifel an der offiziellen Version geäußert hatte, musste sie angesichts des öffentlichen Drucks zurückrudern. Ihr wurde unmissverständlich klar gemacht, dass sie mit solchen Äußerungen eine Karriere in Hollywood vergessen kann. Nur zwei Tage nach dem Bekanntwerden ihrer Zweifel erklärte ihr Anwalt: „Marion hatte nie die Absicht, die Attacken des 11.September anzuzweifeln oder in Frage zu stellen, und bedauert, wie … Bemerkungen aus dem Zusammenhang gerissen wurden“. (6)
Diesen Zwang zu öffentlicher „Selbstkritik“ kannte man bis dahin eher von totalitären Regimen. Anders als Cotillard verweigerte Bigard sich der öffentlichen Selbstverleumdung. Erklärte er zwar anfangs noch, sich zum Thema 9/11 nie wieder zu äußern, bekräftigte er seine Zweifel – nach einigen Wochen auf „Tauchstation“ – erneut sehr mutig in einem Fernsehinterview. (7)
Doch warum diese heftigen Reaktionen? Wenn es um das Thema 11. September geht, herrschen geradezu totalitäre Verhältnisse im öffentlichen Diskurs. Müsste eine demokratische Gesellschaft die abweichenden Ansichten einiger weniger nicht auch ohne hysterische Reaktionen ertragen?
Die Skepsis wächst
Auch die UNO hatte schon ihren „Fall Bigard“. Nachdem Richard Falk, ehemaliger Princeton-Professor und UN-Beauftragter für Menschenrechte in Palästina, im Sommer 2008 seine Skepsis bezüglich 9/11 öffentlich äußerte, wurden sofort Rücktrittsforderungen laut. Interessant hierbei war die Aussage des rechten Hardliners und ehemaligen UN-Botschafters der USA, John Bolton: „Ich halte seine Äußerungen für Blödsinn, aber unter vielen UN-Delegationen sind sie wahrscheinlich herkömmliche Ansicht“. (8)
In eine ähnliche Richtung äußerte sich vor einem Jahr auch der ehemalige italienische Präsident Francesco Cossiga. Ihm zufolge sei die Geheimdienst-Welt überzeugt, dass nicht Al-Qaida, sondern die CIA und der Mossad hinter den Anschlägen stecken. (9) Erst kürzlich sorgte er wieder für öffentliche Empörung. Auf die Frage, wie mit den in Italien protestierenden Studenten umzugehen sei, schlug er vor, es so zu tun, wie er es seinerzeit getan habe: „Ich würde die (…) (Protest-)Bewegungen mit provozierenden Agenten infiltrieren, die zu allem bereit sind, und die Demonstranten zehn Tage lang wüten, Geschäfte ausplündern, Autos anzünden und die Stadt verwüsten lassen. Dann, mit dem nationalen Konsens, sollte der Lärm der Krankenwagensirenen den Lärm der Polizei- und Carabinierifahrzeuge übertönen. Die Polizeikräfte sollten kein Erbarmen haben und alle ins Krankenhaus schicken.“ (10)
Der regierende Ministerpräsident Silvio Berlusconi hätte eines solchen Ratschlags sicherlich nicht bedurft. Diese Taktik wurde schon exzessiv während seiner Präsidentschaft zur Zeit des G8-Gipfels 2001 in Genua angewandt. Damals zogen Polizeieinheiten als Agent Provocateurs schwarz vermummt, marodierend und plündernd durch die Straßen. (11)
Allerdings funktionieren solche Einsätze unter falscher Flagge nur, wenn man sie nicht wie Cossiga öffentlich heraus posaunt. Denn sonst bliebe die Umsetzung einer „Strategie der Spannung“ nicht auf Geheimdienst-Kreise beschränkt und hätte ihre Wirkung verfehlt.
Für Öffentlichkeit sorgt aber auch eine weltweit wachsende Bewegung der 9/11-Skeptiker. Und nicht überall wird auf abweichende Meinungen so scharf reagiert wie in Frankreich. Das Tabu, die offizielle 9/11-Darstellung zu hinterfragen, weicht in immer mehr Ländern auf. So präsentierte der EU-Abgeordnete Giulietto Chiesa zum 7. Jahrestag seinen Film „Zero – Investigation into 9/11“ im russischen Fernsehen zur besten Sendezeit. (12)
Chiesas Pendant in Japan ist der Politiker Yukihisa Fujita. Im Herbst 2008 trat er bereits zum dritten Mal innerhalb eines Jahres vor das japanische Parlament und äußerte seine Zweifel an der Darstellung der US-Regierung. (13) Fujita ist kein Einzelkämpfer, er handelt mit Rückendeckung der Demokratischen Partei und hat nach eigenem Bekunden auch schon Mitglieder der Regierungspartei auf seiner Seite. Einzelkämpfer-Status besitzen dagegen noch immer einige deutsche Abgeordnete: Sie haben eine Erklärung unterzeichnet, in der unter anderem eine neue 9/11-Untersuchung gefordert wird. (14)
Ob die Chancen für die Durchsetzung dieser Forderung jetzt, nach dem Ende der Bush-Regierung, gestiegen sind, wird die Zukunft zeigen. Jeder weiter wachsende Druck – vor allem auch prominenter Skeptiker – ist ein Schritt zu diesem Ziel.
Dieser Artikel erschien zuerst in Heft 1/2009 "Hintergrund – Das Nachrichtenmagazin"
Quellen
(1) Zu den Festnahmen in Libanon siehe:
„Lebanon arrests two accused of spying for Israel“, AFP, 1.11.2008,
http://afp.google.com/article/ALeqM5ilVSB_3fFmb90E0fCLF-AlwpZnQQ
Yoav Stern, „Lebanon arrests cell suspected of working for Israel’s Mossad since 1980s“, Haaretz, 2.11.2008,
http://www.haaretz.com/hasen/spages/1033280.html
Andrew Wander, „Members of Israeli spy ring ‘related to 9/11 hijacker’ “, The Daily Star, 3.11.2008,
http://www.dailystar.com.lb/article.asp?edition_id=1&categ_id=2&article_id=97339
Yoav Stern, „Alleged Lebanon spy was tracking Hezbollah for Israel“, Haaretz, 3.11.2008,
http://www.haaretz.com/hasen/spages/1033846.html
Mossad spy’ tied to Mughniyeh hit“, Jerusalem Post, 3.11.2008,
http://www.jpost.com/servlet/Satellite?cid=1225199636945&pagename=JPost/JPArticle/ShowFull
„Lebanese Officials Idenitify Mossad Spy As Former Palestinian Terrorist“, Infolive.tv, 3.11.2008,
Raed Rafei, „An alleged Israeli spy network uncovered“, LA Times Blog, 3.11.2008, http://latimesblogs.latimes.com/babylonbeyond/2008/11/lebanon-an-isra.html
Uzi Mahnaimi, „Israeli spies linked to murder of Hezbollah chief“, TimesOnline, 9.11.2008,
http://www.timesonline.co.uk/tol/news/world/middle_east/article5114415.ece
(2) Zu den Warnungen des Mossad:
D. Wastell u.P. Jacobson, „Israeli security issued urgent warning to CIA of large-scale terror attacks“, Telegraph, 15.9.2001,
http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/northamerica/usa/1340698/Israeli-security-issued- urgent-warning-to-CIA-of-large-scale-terror-attacks.html
R.Serrano u. J. Dahlburg, „Officials Told of ‘Major Assault’ Plans“, LA Times, 20.9.2001,
http://web.archive.org/web/20010923042516/http://www.latimes.com/news/nationworld/nation /la-092001probe.story
Matthias Gebauer, „Mossad-Agenten waren Atta auf der Spur“, Der Spiegel Online, 1.10.2002,
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,216421,00.html
Oliver Schröm, „Deadly Mistakes: A Chronology of Failure“, Die Zeit, 2.10.2002,
http://www.antiwar.com/article.php?articleid=2305"http://www.antiwar.com/article.php?articleid=2305
(3) Zu der Arbeit der 9/11-Kommission und dem Werdegang Zelikows siehe:
Sebastian Range, „9/11-Untersuchung auf dem Prüfstand“, Hintergrund, 30.4.2008,
http://www.hintergrund.de/content/view/193/137/
(4) Philip Shennon, „The Commission: The Uncensored History of the 9/11 Investigation“, Seite 388/389
(5) Henry Samuel, „French President Nicolas Sarkozy friend says 9/11 was a lie“, Telegraph, 9.9.2008,
http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/europe/france/2712363/French-President-Nicolas- Sarkozy-friend-says-911-was-a-lie.html
(6) Peter Allen, „Marion Cotillard U-turns on 9/11 conspiracy“, Telegraph, 4.3.2008,
http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/1580578/Marion-Cotillard-U-turns-on-911-conspiracy.html
(7) Interview anzuschauen auf: http://www.youtube.com/watch?v=UKRu68A0T9Q
(8) Joseph Abrams, „Critics Demand Resignation of U.N. Official Who Wants Probe of 9/11 ‘Inside Job’ Theories“, FOX News, 15.7.2008, http://www.foxnews.com/story/0,2933,369122,00.html
(9) Originalankündigung: Channel One, Moskau, http://www.1tv.ru/anons/12.09.2008/id=28066
Zusammenfassung und Ausschnitte der anschließenden Debatte finden sich auf:
http://www.911video.de/news/060908/youtube.htm
(10) Ausschnitte der Rede finden sich auf: http://www.911video.de/news/261008/
Siehe auch: „Japans größte Oppositionspartei zweifelt die offizielle Darstellung des 11. Septembers an“,
Interview mit Yukihisa Fujita, Hintergrund, 18.6.2008,
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http://www.hintergrund.de/content/view/212/137
(11) Erklärung zu finden unter: http://war-is-illegal.org/german.php