Kriege

Die unbequeme Wahrheit. Der syrische Widerstand foltert und mordet

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Von REDAKTION, 22. März 2012 –

Die westliche Schwarz-Weiß-Berichterstattung über den Konflikt in Syrien wird durch neue Berichte über schwere Menschenrechtsverstöße bewaffneter Widerstandskämpfer konterkariert. Berichte über die Anwendung von Folter durch oppositionelle Banden waren in den vergangenen Wochen immer wieder durchgesickert, hatten jedoch nie die angemessene Aufmerksamkeit der Massenmedien erreicht.

Autoren wie Jürgen Todenhöfer und Peter Scholl-Latour haben immer wieder darauf aufmerksam gemacht, dass die Gewalt in Syrien nicht nur von der Regierung ausgeht. Doch mussten sie sich dafür den Vorwurf gefallen lassen, Propaganda für einen arabischen Despoten zu betreiben. (1) Die Anschuldigungen erwiesen sich jedoch als nicht stichhaltig. (2) Dass er keinesfalls ein Freund Assasds ist und warum er für eine friedliche Lösung des Syrien-Konflikts ohne militärische Einmischung des Westens eintritt, hat Todenhöfer in einem Artikel für die taz eindrücklich geschildert. (3)  

Dass er mit seiner Lageeinschätzung wohl richtig liegt, zeigen die neuesten Angaben einer weithin anerkannten Menschenrechtsorganisation. Human Rights Watch (HRW) wirft der syrischen Oppositionsführung nämlich vor, dass es sich bei den Menschenrechtsverbrechen der in ihrem Namen kämpfenden Rebellen keineswegs um isolierte Einzelfälle handelt.

In einem offenen Brief wirft Human Rights Watch dem Syrischen Nationalrat (SNC) und anderen Aktivisten vor (4), gegen Entführungen, Inhaftierungen und Folter von Sicherheitskräften und Regimetreuen Milizen nicht genug zu tun. Einige Angriffe der Freien Syrischen Armee (FSA) seien offenbar auch religiös motiviert und richteten sich gegen die schiitische oder alawitische Minderheit, der auch Assad angehört. Es habe zudem Berichte über Hinrichtungen gegeben.

Die Organisation forderte in New York die Oppositionsführung auf, solche Taten zu verbieten und deutlich zu machen, dass derartige Menschenrechtsverletzungen nicht hinnehmbar seien. Die für den Nahen Osten zuständige HRW-Direktorin Sarah Leah Whitson forderte die Opposition auf, Menschenrechtsverletzungen zu unterbinden. „Die Oppositionsführer müssen ihren Anhängern klar machen, dass sie unter allen Umständen Folterungen, Entführungen oder Hinrichtungen unterlassen müssen.“  

Human Rights Watch stützt seine Vorwürfe unter anderem auf 25 Filmaufnahmen, in denen gefangengenommene Angehörige der Sicherheitskräfte offenkundig unter Folter Verbrechen eingestanden haben sollen. „In 18 Clips sei eindeutig zu sehen, dass die Gefangenen geschlagen worden seien, einige bluteten gar noch. Zwei Videos sollen nach Angaben der Organisation Indizien dafür liefern, dass die Rebellen Gefangene hingerichtet hätten. Auf einem am 4. Februar online gestellten Clip sei ein an einem Baum aufgehängter Mann zu sehen. Kommentare zu dem Video ließen darauf schließen, dass es sich bei dem Gehenkten um einen regimetreuen Milizionär handele, der am 22. Januar vom „Kafr Takharim“-Bataillon der FSA exekutiert worden sei. Ein anderes Video zeige einen Angehörigen des Geheimdiensts kurz vor seiner Exekution durch FSA-Kämpfer. Laut HRW habe ein Presseoffizier des betreffenden Bataillons bestätigt, dass der Mann nach den Filmaufnahmen „aus Rache“ exekutiert worden sei. HRW beruft sich zudem auf die Berichte einiger syrischer Aktivisten. Anscheinend vom Vorgehen einiger gewalttätiger Rebellen empört, hätten diese erzählt, wie Freischärler Zivilisten für Lösegeld entführt hätten. “ (5)

Laut Spiegel-online stellen die Angaben von Human Rights Watch die Autorität der Abgeordneten des Syrischen Nationalrats in Frage und verleihen Aussagen des Assad-Regimes Glaubwürdigkeit, „wonach es sich bei den Rebellen um wild gewordene Freischärler handelt.“ (6)


(1) http://www.taz.de/!88869/

(2) http://www.hintergrund.de/201203121959/feuilleton/zeitfragen/zum-syrienkonflikt-rafik-schami-wettert-gegen-prominenz-journalisten.html

(3) http://taz.de/Antwort-auf-Rafik-Schami/!89947/

(4) http://www.hrw.org/news/2012/03/20/open-letter-leaders-syrian-opposition

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(5) http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,822653,00.html

(6) http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,822653,00.html

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