Kurzmeldungen

Der Fall Oury Jalloh: Prozess um Feuertod möglicherweise vor Neuauflage

(17.12.2009/dpa/hg)

Der Prozess um den Feuertod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle muss möglicherweise neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am Donnerstag deutliche Zweifel am Freispruch eines Polizisten durchblicken lassen. Mehrere Richter des 4. Strafsenats wiesen auf Lücken in den Feststellungen des Landgerichts Dessau-Roßlau hin, das im Dezember 2008 einen Dienstgruppenleiter vom Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge freigesprochen hatte. Die Bundesanwaltschaft forderte eine Bestätigung des Freispruchs, die Vertreter der Nebenklage dessen Aufhebung. Der BGH wird sein Urteil am 7. Januar verkünden – dem fünften Todestag des Sierra Leone stammenden 23-Jährigen.

„Das ist kein bewusstes Zusammentreffen“, beschwichtigte Senatsvorsitzende Ingeborg Tepperwien eine Gruppe von Freunden des Opfers im Gerichtssaal, die den Urteilstermin mit Unmutsäußerungen quittierten. Das Datum ergebe sich aus der Terminlage des Senats und habe keinerlei Symbolwert.

Nach den Erkenntnissen das Landgerichts soll Jalloh – obwohl auf einer Liege festgebunden – mit einem Feuerzeug den Bezug der Pritsche aufgeschmort und den Schaumstoff im Inneren angezündet haben. Das dadurch ausgelöste Alarmsignal des Rauchmelders hat der angeklagte Beamte zunächst mehrfach abgestellt und war erst mit Verzögerung zur Zelle geeilt. „Es ist die Frage, ob dieser Sachverhalt vorstellbar ist“, sagte Tepperwien. Denn die Flammen hätten Jalloh eigentlich starke Schmerzen an der Hand zufügen müssen: „Wenn das Opfer geschrieen hat, hätte man das hören müssen.“

Mit Skepsis betrachtete der BGH auch den vom Landgericht geschilderten Zeitablauf vom Anzünden der Liege bis zur Öffnung der Zelle. Danach hätte der Dienstgruppenleiter den Asylbewerber gut 140 Sekunden nach der „Zündung“ erreichen können, wenn er pflichtgemäß nach dem ersten Alarmsignal zur Zelle gerannt wäre. Nach einem medizinischen Gutachten ist Jalloh aber wahrscheinlich schon 120 Sekunden nach „Brandausbruch“ durch Einatmen der 800 Grad heißen Dämpfe gestorben. Damit, so die Schlussfolgerung des Landgerichts, wäre er auch bei ordnungsgemäßem Verhalten zu spät gekommen.

Der Senat scheint jedoch zu bezweifeln, dass mit „Zündung“ und „Brandausbruch“ wirklich dasselbe gemeint ist. Denn falls der Rauchmelder nicht erst auf die lodernden Flammen, sondern bereits auf die ersten Zündversuche reagiert habe, dann verlängere sich die Zeitspanne einer möglichen Rettung, sagte Tepperwien. Die im Urteil enthaltenen Angaben der Sachverständigen seien unklar, merkte auch Richter Gerhard Athing an: „Wie die Versuchsanordnung war, worauf da abgestellt wurde, kann ich den Ausführungen nicht entnehmen.“

Der Fall hatte für heftige Kritik von Menschenrechtlern gesorgt; bei der Urteilsverkündung im Dezember 2008 kam zu einem Tumult im Gerichtssaal. Das Landgericht hatte seinerzeit in der mündlichen Urteilsverkündung Falschaussagen von Polizisten harsch kritisiert. „Davon findet sich im schriftlichen Urteil kaum etwas“, sagte Tepperwien. Der BGH müsse sich jedoch allein ans schriftliche Urteil halten.


Gen-Reis: BAYER muss Schadenersatz in Millionenhöhe leisten

(17.12.2009/cbg/hg)

Das Bezirksgericht von St. Louis hat zwei Landwirten, deren Reisernte durch genmanipulierte Sorten der Bayer CropScience AG verunreinigt worden war, eine Entschädigung von knapp zwei Millionen Dollar zugesprochen. Das Verfahren gilt als Testlauf für bis zu 3000 Klagen geschädigter Reisbauern in den US-Bundesstaaten Missouri, Alabama, Arkansas, Texas und Mississippi.

„Dies ist ein großer Erfolg für alle amerikanischen Landwirte, die durch die Liberty Link-Kontamination geschädigt wurden“, so Johnny Hunter, einer der beiden Kläger. „Ich hoffe sehr, dass die Firma BAYER durch dieses Urteil gezwungen wird, ihre unverantwortlichen Testprogramme einzustellen“, so Hunter weiter. Die Geschworenen hatten die Sicherheitsvorkehrungen der Firma als „nachlässig“ bezeichnet und den Forderungen von Hunter fast vollständig stattgegeben. Adam Levitt, einer der Anwälte der Kläger, rechnet mit Schadenersatz-Zahlungen in Höhe von mehreren hundert Millionen Dollar. Die nächsten Verfahren finden im Januar statt.

Im Jahr 2006 war gentechnisch veränderter Langkorn-Reis, der gegen das hochgefährliche Herbizid Glufosinat resistent ist („Liberty Link-Reis“), weltweit in Supermärkten aufgetaucht, obwohl zu diesem Zeitpunkt nirgendwo eine Zulassung für die Sorte vorlag. Rund 30% der US-amerikanischen Ernte war verunreinigt, die EU und Japan stoppten daraufhin Reisimporte aus Nordamerika. Laut einer Studie von Greenpeace entstand den betroffenen Landwirten ein Schaden von 1,2 Milliarden Dollar. BAYER und die Louisiana State University hatten einige Jahre zuvor Freilandversuche mit der genmanipulierten Sorte durchgeführt, bei der es wahrscheinlich zu den Auskreuzungen kam. Der genaue Hergang konnte trotz einer mehrjährigen Untersuchung nicht geklärt werden.

Philipp Mimkes von der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG): „Wir begrüßen die Entscheidung des Gerichts in St. Louis und fordern BAYER auf, alle geschädigten Landwirte umgehend zu entschädigen. Außerdem fordern wir die Europäische Union auf, keine Import-Zulassung für Liberty Link-Reis zu erteilen. Die EU darf sich nicht über die ökologischen und sozialen Risiken von Gen-Reis in den potentiellen Anbauländern hinwegsetzen“. Mimkes fordert zudem die Bundesregierung auf, keine Aufweichung der EU-Regelungen zur Belastung von Lebensmitteln mit gentechnischen Bestandteilen anzustreben. Dies war im Koalitionsvertrag angedeutet worden.

Der BAYER-Konzern hatte bereits im Jahr 2003 bei der EU eine Import-Zulassung für Reis der Sorte Liberty Link 62 beantragt. Der Antrag erhielt bei den Abstimmungen im Ministerrat mehrfach keine Zustimmung, wurde bis heute aber nicht zurückgezogen. Die Coordination gegen BAYER-Gefahren hat wegen der Risiken von Gen-Reis für Umwelt, Verbraucher und Landwirte mehrfach Gegenanträge zur BAYER-Hauptversammlung eingereicht. Der Fall der geschädigten Reisbauern zeigt einmal mehr, dass der Anbau von Gen-Reis unweigerlich zur Kontamination und Verdrängung traditioneller Reis-Sorten führt. Bei einem großflächigen Anbau hätte dies ein erhöhtes Schädlingsaufkommen und einen verstärkten Einsatz gefährlicher Pestizide zu Folge.

Quelle: Presseerklärung http://www.cbgnetwork.org/


Kundus-Untersuchungsausschuss nimmt Arbeit auf. Merkel „duckt sich weg“

16.12.2009/dpa/hg)

Drei Monate nach dem verheerenden Luftangriff auf zivile Opfer nimmt in Berlin der Untersuchungsausschuss zum tödlichen Bombardement seine Arbeit auf. Der Ausschuss wird wahrscheinlich mehr als ein Jahr lang arbeiten. Er soll versuchen, die Vielzahl offener Fragen zu dem Luftschlag vom 4. September mit bis zu 179 toten, verletzten und vermissten Zivilisten zu klären. Dabei geht es auch um die Frage, ob dem neuen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zwischenzeitlich wichtige Dokumente über den Angriff vorenthalten worden waren.

Die „Süddeutsche Zeitung“ (Mittwoch) berichtet, das Bundeskanzleramt habe sich bereits frühzeitig wegen der schlechten Unterrichtung durch das Verteidigungsministerium zu Kundus beklagt. Das gehe aus internen Dokumenten hervor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe keinen Zugang zum ersten Bericht der internationalen Schutztruppe ISAF und zum Bericht des deutschen Kommandeurs, Oberst Georg Klein gehabt, als sie am 8. September eine Regierungserklärung zu dem Thema abgab. Die Berichte, die auf zivile Opfer hinweisen, waren demnach zwar bereits am 6. September im Verteidigungsministerium eingetroffen, allerdings erst am 10. September an das Kanzleramt weitergeleitet worden.

Trotzdem sah sich die Kanzlerin anschließend nicht genötigt, das Parlament und die Öffentlichkeit ausreichend zu informieren. Nach Angaben aus der Unionsfraktion wird sich die Kanzlerin auch in der für den Vormittag anberaumten Aktuellen Stunde im Bundestag weiterhin nicht über den Luftangriff und die Konsequenzen äußern. Dieses Verhalten bringt ihr inzwischen harsche Kritik aus der Opposition ein: Der Grünen-Politiker Omid Nouripour sagte, man habe es mittlerweile mit einer "Causa Merkel" zu tun. Sie müsse Auskunft darüber geben, was sie gewusst und ob es einen Strategiewechsel gegeben habe. Dass die Kanzlerin keine Regierungserklärung abgeben will, kritisierte er mit dem Worten: "Sie duckt sich weg."

Der Vizevorsitzende des Untersuchungsausschusses, Karl Lamers (CDU), machte schon vor der ersten Sitzung des Ausschusses gegenüber dem „Mannheimer Morgen“ (Mittwoch) die Stoßrichtung seiner Position deutlich: Bemühungen, die Kanzlerin beziehungsweise den damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in die Verantwortung zu ziehen, seien „durchsichtige Versuche, den Vorfall politisch auszuschlachten“.

Die Opposition im Bundestag hat rund 90 Beweisanträge vorgelegt und will dafür über 40 Zeugen benennen. Dabei geht es um alle wichtigen Akten, Dokumente und Dateien. Unter den benannten Zeugen befinden sich Kanzlerin Merkel, Ex-Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sowie sein Nachfolger Guttenberg. Auch der inzwischen entlassene Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan soll gehört werden, sowie der am 4. September für den Luftschlag in Kundus verantwortliche Oberst Georg Klein.

Nach Informationen aus der Opposition soll mit der ersten Zeugenvernehmung – wahrscheinlich Verteidigungsminister Guttenberg – in der zweiten Januarwoche begonnen werden. Da es sich um Angelegenheiten der Bundeswehr handelt, wird der Verteidigungsausschuss des Bundestags zum Untersuchungsausschuss umfunktioniert.


Gewerkschaften und Datenschützer haben Bedenken gegen ELENA

(16.12.2009/dpa/hg)

Der ab dem 1. Januar 2010 gültige Elektronische Entgeltnachweis (ELENA) stößt wegen der Fülle der erhobenen Daten bei Gewerkschaften und Datenschützern auf Kritik.

Mit dem Jahresbeginn sind von den Arbeitgebern Entgeltdaten, aber auch Daten zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses an eine zentrale Datensammelstelle zu melden. Diese Daten sollen später z.B. zur Berechnung des Arbeitslosengeldes genutzt werden. Mit diesem elektronischen Entgeltnachweis würden die heute noch üblichen Formulare überflüssig.

Nicht gegen das Vorhaben überhaupt, wohl aber gegen die Menge und die Art der zu übermittelnden Daten wird nun Kritik laut. So werden mit ELENA z.B. auch Daten über die Teilnahme an Streiks gespeichert (relevant für Sozialversicherungsträger) oder die Umstände der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, das Vorliegen von Abmahnungen oder den Kündigungsgrund (relevant für die Bundesagentur für Arbeit). Der Datensatz ist als Download "Verfahrensbeschreibung" auf dieser Seite erhältlich.

Gegen die Speicherung so umfangreicher und teils sehr sensibler Daten sprachen sich u.a. der Vorsitzende der IG BAU, Klaus Wiesehügel, und ver.di-Chef Frank Bsirske aus. stern.de sagte Bsirske: "Diese zentrale Ausforschung muss sich kein Beschäftigter bieten lassen. Wir erwarten deshalb, dass die Bundesregierung den Datenbogen unverzüglich zurückzieht und völlig überarbeitet. Wir prüfen sämtliche Klagemöglichkeiten gegen den Datenkatalog."

Auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, kritisierte im Gespräch mit der Thüringer Allgemeinen "zum Beispiel die Speicherung der Teilnahme an rechtmäßigen oder illegalen Streiks oder ob Fehlzeiten am Arbeitsplatz berechtigt oder unberechtigt eingetreten sind." Schaar verwies darauf, dass er bei der Beratung zu ELENA viele datenschutzrechtliche Belange angesprochen habe und nun mit einem umfangreichen Datensatz konfrontiert worden sei, "der wesentlich über das hinausgeht, was ich für zulässig halte".

Laut Schaar sollen aber auch Informationen über Streikteilnahme oder Fehlzeiten am Arbeitsplatz gespeichert werden. «Damit habe ich doch größte Probleme. Bisher tauchen solche Informationen auf Gehaltsbescheinigungen nicht auf und ihre generelle Speicherung in einer zentralen Datei ist weder gesetzlich geboten noch wäre sie verfassungsrechtlich zulässig», sagte Schaar.

Auch die Speicherung von Abmahnungen im Falle von Kündigungen halte er für höchst bedenklich. Dass etwa die Bundesagentur für Arbeit die Daten benötige, um im Einzelfall Sperrzeiten zu verhängen, rechtfertige keinesfalls, solche Informationen generell zu speichern.

Bei «Elena» sollen die Arbeitgeber schrittweise Daten über Beschäftigungsdauer und Einkommen ihrer Mitarbeiter an einen zentralen Datenspeicher senden. Ab 2012 sollen die Sozialbehörden dann auf Basis dieser Daten Leistungen auszahlen oder verweigern.

Quelle: http://www.lexisnexis.de


Betrug Tausender öffentlicher Bediensteter beim Kindergeld aufgedeckt

(14.12.2009/ddp/hg)

Eltern kassieren dabei einmal von der Familienkasse und ein zweites Mal von der Kasse des öffentlichen Dienstes

Arbeitsagenturen und Finanzbehörden sind derzeit einem Betrug beim Kindergeld öffentlich Bediensteter auf der Spur. Nach Informationen der Zeitungen der „WAZ“-Mediengruppe in deren Montagausgaben kassieren mehrere tausend Angehörige des öffentlichen Dienstes die Sozialleistungen doppelt, zum Teil bereits seit mehr als zehn Jahren. Wie groß die Grauzone dabei ist, sei momentan nicht bekannt.

Mittlerweile sind laut den Berichten in 292 Fällen Rückzahlungen gefordert worden, 209 Mal stellten die Behörden zudem Strafanzeige, berichtete die NRW-Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit. Die Fahndung nach den Kindergeld-Sündern werde „forciert“, kündigte ihr Sprecher Werner Marquis an.

Der Bundesrechnungshof zählt nach Angaben der WAZ allein 1.300 Fälle bis Mitte 2009, den Schaden für den Steuerzahler beziffert er dabei auf neun Millionen Euro. Das tatsächliche Ausmaß des Betrugs sei jedoch noch um ein Mehrfaches größer.

Die Betrüger machten sich dabei zunutze, dass es unterschiedliche Familienkassen gibt. Dabei beantrage ein Elternteil je Kind zweimal Kindergeld – einmal bei der für normale Arbeitnehmer zuständigen Familienkasse und einmal zudem noch bei der Kasse für den öffentlichen Dienst. Oder aber die Eltern stellten den Antrag einzeln bei der jeweils für sie zuständigen Einrichtung, ohne auf den jeweils anderen Antrag in irgendeiner Weise hinzuweisen.

Die zahlreichen Familienkassen glichen die vorliegenden Anträge nicht miteinander ab, lautete die Kritik des Bundesrechnungshofes. Dieses führt er auf ein beispielloses Behörden-Chaos zurück: Allein nur für den öffentlichen Dienst bei Bund, Ländern und Gemeinden seien geschätzt 12.000 Ämter in Sachen Kindergeldauszahlung tätig, „die genaue Zahl ist dabei nicht einmal bekannt“.

Den schwersten Vorwurf richteten die Bonner Prüfer jedoch an das Bundesfinanzministerium. „Es hat die Familienkassen nicht hinreichend gesteuert und kontrolliert und darum doppelte Kindergeldzahlungen mit verursacht“, hieß es. Durch die Einführung der einheitlichen Steuernummer soll in Zukunft aber Abhilfe geschaffen werden.

Quelle: Topnews.de/WAZ/ddp


„Vorbeugende“ Massenfestnahmen überschatten Kopenhagener Klimaproteste

(14.12.2009/dpa/hg)

Laut verschiedener Medienberichten nahmen am Sonnabend fast 100.000 Menschen aus aller Welt an der Großdemonstration anlässlich des seit einer Woche laufenden UN-Klimagipfels COP15 in Kopenhagen teil. Dieser große Mobilisierungserfolg wurde überschattet durch Massenfestnahmen von knapp tausend Demonstranten.

Auf etwa halber Strecke der Demoroute, die von der Kopenhagener Innenstadt zum Tagungsort des Gipfels verlief, griff die Polizei die Demonstration an und spaltete einige hundert Menschen von ihr ab, die in Folge dessen teilweise mehrere Stunden trotz niedriger Temperaturen unter Zwang auf dem Boden sitzend eingekesselt wurden und nach und nach abtransportiert wurden.

Die heftigen Repressionsmaßnahmen begründete die Polizei damit, dass von den Festgenommenen Straftaten zu erwarten gewesen seien, was durch das vor dem Gipfel massiv verschärfte Versammlungsrecht gedeckt war und eine 12-stündige Freiheitsberaubung rechtlich absichert. Die von vielen erwarteten größeren militanten Aktionen waren größtenteils ausgeblieben, es gingen jedoch einige Schaufenster u.a. von einer Bank zu Bruch und es soll außerdem zu dem einen oder anderen Angriff auf die Polizei gekommen sein.

Am Sonntag waren die knapp tausend in Kopenhagen festgenommenen Klima-Demonstranten fast alle wieder frei. Wie die dänischen Behörden am Sonntagmorgen mitteilten, werden von 968 Betroffenen noch 13 in Arrest gehalten. Lediglich gegen drei gebe es konkrete Verdachtsmomente auf Straftaten, hieß es weiter.

Die Polizei bestätigte, dass sie so gut wie alle fast tausend Festnahmen „vorbeugend“ durchgeführt habe, weil die Betroffenen sich in der Nähe einer kleinen Gruppe „gewaltbereiter“ Demonstranten aufhielten. Sprecher der Demonstranten kritisierten das beispiellos harte Vorgehen der Polizei als „grundlose Kriminalisierung unschuldiger Menschen“.

Bei einer weiteren Demonstration am Sonntag in Kopenhagen hat die dänische Polizei erneut zwischen 100 und 200 Teilnehmer festgenommen. Als Grund gab sie Waffenbesitz, das Tragen nicht genehmigter Gasmasken und anderer „ungesetzlicher Gegenstände“ an.


Länderzoff um Wachstumsbeschleunigungsgesetz: Wulff droht Merkel mit Blockade

(11.12.2009/dpa/hg)

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat gedroht, das Steuersenkungspaket der Bundesregierung zu blockieren, falls es eine Sonderregelung für Schleswig-Holstein geben sollte.

„Eine isolierte Einzellösung für Schleswig-Holstein würde dazu führen, dass im Bundesrat die Stimmen Schleswig-Holsteins für das Wachstumsbeschleunigungspaket da sind, die Stimmen Niedersachsens aber nicht mehr“, sagte Wulff gegenüber dem Handelsblatt (Freitagsausgabe). Er sei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dankbar, „dass sie klar gesagt hat, dass ein Herauskaufen einzelner Länder mit ihr nicht infrage komme“.

Mit seiner Äußerung erhöhe Wulff den Druck auf das Krisentreffen am Sonntag, bei dem unter anderen Merkel, FDP-Chef Guido Westerwelle sowie Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) nach einem koalitionsinternen Kompromiss im Steuerstreit suchen.

Die Landespolitiker fordern eine Kompensation für die mit dem Gesetz verbundenen Steuerausfälle der Länder.


19 Tote bei schwerem Grubenunglück in der Türkei

(11.12.2009/dpa/hg)

Bei einer Methangas-Explosion in einem Kohlebergwerk im Westen der Türkei sind in der Nacht zum Freitag 19 Bergleute getötet worden.

„Die Rettungsteams haben die Unglücksstelle erreicht. Leider sind alle Arbeiter tot“, sagte der türkische Arbeitsminister Ömer Dincer am Freitag. Die Explosion geschah in einer Tiefe von etwa 200 Metern bei Mustafakemalpascha, in der Nähe der Stadt Bursa.

Die Rettungsmannschaften hatten wegen der hohen Gaskonzentration die Verschütteten zunächst nicht erreichen können. Sie pumpten Frischluft in den Schacht. Mehrere Helfer wurden wegen Gasvergiftungen behandelt.

Der Minister sagte: „Es wird geraume Zeit dauern, bis alle Leichen geborgen sind“.

Die türkischen Bergwerke gelten als unsicher. Immer wieder kommt es zu tödlichen Unfällen, die auf Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen und die Verwendung veralteter Arbeitsgeräte zurückgehen sollen.

Das schwerste Unglück der vergangenen Jahre ereignete sich 1992 in einem Bergwerk in der Provinz Zonguldak am Schwarzen Meer. Bei einer Gasexplosion kamen damals 263 Menschen ums Leben.


Prozess gegen „Sauerlandgruppe“: Weiterer Verdächtiger angeklagt

(09.12.2009/dpa/hg)

Das Verfahren gegen die sogenannte Sauerlandgruppe weitet sich aus. Nach einer Mitteilung vom Mittwoch hat die Bundesanwaltschaft beim Oberlandesgericht Frankfurt Anklage gegen einen mutmaßlichen Helfer aus dem Umfeld der Gruppierung erhoben.

Demnach wird dem 24-jährigen Kadir T. vorgeworfen, im Auftrag des in Düsseldorf vor Gericht stehenden Adem Yilmaz eine Videokamera und ein Nachtsichtgerät für die „Islamische Dschihad Union“ (IJU) in Pakistan gekauft zu haben.

Er wird deshalb angeklagt, eine ausländische terroristischen Vereinigung unterstützt und gegen das Außenwirtschaftsgesetz verstoßen zu haben. Kadir T. sitzt bereits seit seiner Festnahme Ende August in Untersuchungshaft..

Nach Angaben der Bundesanwälte in Karlsruhe leitete Yilmaz die von Kadir T. beschafften Ausrüstungsgegenstände an den bereits im Herbst 2007 durch einen US-Raketenangriff getöteten Sadulla Kaplan weiter, der sie den IJU-Verantwortlichen im pakistanischen Waziristan übergeben haben soll.

Die Existenz und Rolle der sogenannten IJU ist äußerst umstritten. So wird sie von dem ehemaligen britischen Botschafter in Usbekistan, Craig Murray, als ein „Gespenst“ charakterisiert, „das von der korrupten usbekischen Regierung mit Unterstützung der CIA ins Leben gerufen und nach Bedarf instrumentalisiert worden war“.

Noch immer auf freiem Fuß befindet sich hingegen Mevlüt K., eine zentrale Figur der sogenannten Sauerlandgruppe. Mevlüt K. hat als V-Mann des türkischen Geheimdienstes und CIA-Kontaktmann nicht nur die Zünder für die vermeintlichen Bomben beschafft, er hat darüber hinaus die Gruppe aus dem Hintergrund „geleitet“ und wird von den Angeklagten als „Chef“ bezeichnet. Er soll in der Türkei untergetaucht sein. Die Bundesanwaltschaft hatte im August Haftbefehl gegen ihn beantragt.


Nach Kündigung: Netzeitung im Streik

(09.12.2009/hg)

Die Mitarbeiter der Online-Portale „Netzeitung“ und „Autogazette“ streiken nach Medienberichten seit Montag für angemessene Abfindungsangebote und einen Sozialtarifvertrag.

Beide Onlineportale, die dem Verlag M. DuMont Schauberg (MDS) – Deutschlands drittgrößter Zeitungsgruppe – gehören, werden nach Angaben der Betreiber zum Jahresende geschlossen.

Nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di wurde den gekündigten Mitarbeitern nur ein geringer Teil der sonst üblichen Abfindungen angeboten.

Im Verlag ist Enttäuschung über die mangelnden verlegerischen Konzepte für die Onlinepublikationen aber auch andere Printbereiche des Verlages deutlich zu vernehmen. Die Beschäftigten, der Betriebsrat des Berliner Verlages (der auch zur Mediengruppe DuMont Schauberg gehört) und die Gewerkschaften ver.di und DJV haben eine Rücknahme der Kündigungen gefordert und anderenfalls Widerstand gegen die Maßnahmen angekündigt. Zusätzlich wandten sich Betriebsräte und Beschäftigte aus den anderen MDS-Standorten mit Unterschriftenlisten gegen die geplanten Kündigungen in den Onlineredaktionen.

Etwa 100 Mitarbeiter des Berliner Verlages haben am Montag zusammen mit den Streikenden vor dem Verlagshaus protestiert, berichtete die junge Welt in ihrer Dienstagsausgabe.

„Die Kündigung von erfahrenen Onlineredakteuren ist verlegerisch und sozial nicht nachvollziehbar. Hochfliegende Onlinepläne werden von DuMont erklärt, aber durch den Rausschmiss von ganzen Onlineredaktionen konterkariert. Dabei werden auch keine Skrupel vor besonderen sozialen Härten gezeigt. Denn zu den Gekündigten gehören auch junge Väter und Mütter. Insgesamt ist diese Maßnahme vollkommen widersprüchlich zur Selbstdarstellung von DuMont, ein sorgfältig planendes Verlagshaus mit sozialer Verantwortung zu sein“, erklärte ver.di-Sekretär Matthias von Fintel. (1)

1) http://mecom.verdi.de/netzeitung


Bolivien: Evo Morales gewinnt Präsidentenwahl mit großer Mehrheit

(07.12.2009/dpa/hg)

Der sozialistische Refomkurs der Regierung Evo Morales ist bei der Präsidentenwahl am Sonntag von der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung bestätigt worden.

Für den ersten indigenen Präsidenten Lateinamerikas stimmten etwa 63 Prozent der Wähler.

Damit hat er sein Ergebnis gegenüber den letzten Wahlen 2005 um gut 9 Prozent verbessert. Bei den Wahlen waren über 5 Millionen Menschen aufgerufen, den Präsidenten, den Vizepräsidenten, 130 Abgeordnete und 36 Senatoren zu bestimmen.(1)

In den beiden Häusern des Parlaments erreichte die von Morales angeführte Bewegung zum Sozialismus (MAS) haushohe Mehrheiten.

Im Abgeordnetenhaus bekommt die MAS voraussichtlich 85 der 130 Mandate und im bisher oppositionellen Senat 25 von 36 Sitzen.

In La Paz erklärte der Wahlsieger, den sozialistischen Reformkurs verstärken zu wollen: "Wir tragen jetzt eine enorme Verantwortung für Bolivien. Nachdem wir mehr als zwei Drittel der Sitze im Abgeordnetenhaus und im Senat erobert haben, müssen wir den Prozess der Veränderungen beschleunigen."

Bisher wurden in Bolivien Öl- und Erdgasunternehmen verstaatlicht, damit die Gewinne aus der Ausbeutung der Bodenschätze im Land bleiben. Armen Bauern soll zudem zu Land verholfen werden. Außerdem setzte Morales unter großem Widerstand der konservativen Opposition eine neue Verfassung durch, die den indianischen Völkern Boliviens mehr Reche zuspricht.

(1) Vgl. http://www.amerika21.de/nachrichten/inhalt/2009/dez/morales_293847_gano/


Griechenland: Polizeiübergriffe bei Demonstration für ermordeten Schüler

(07.12.2009/hg)

Am Sonntag demonstrierten in Athen mehr als 15.000 Menschen gegen Polizeigewalt und kapitalistische Ausbeutung. Anlass war der erste Jahrestag des Todesschusses eines Polizisten auf den erst 15 Jahre alten Schüler Alexis Grigoropoulos.

Der Tod des Jugendlichen am 6. Dezember 2008 hatte damals zu wochenlangen Protesten geführt, in denen zehntausende überwiegend junger Leute und Schüler zum Teil gewaltsam gegen brutale Polizeiübergriffe, den Bildungsnotstand und die extrem hohe Arbeitslosigkeit demonstrierten.

Auch diesmal kam es am Rande der Proteste wieder zu schwere nAuseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und der Polizei, bei denen über 10.000 Angehörige von Sondereinheiten der Polizei zum Einsatz kamen. Das berichtete die junge Welt am Montag.(1)

Die Sicherheitskräfte hätten ein autonomes Zentrum und das Rathaus eines Stadteils der Hafenstadt Piräus gestürmt, das im Gegenzug von 40 Anarchisten besetzt gehalten worden war. Insgesamt seien 100 Menschen in Gewahrsam genommen worden.

Zu Beginn des kommenden Jahres sollen sich die zwei für den Tod von Grigoropoulos angeklagten Polizisten vor Gericht verantworten. In Griechenland zweifle kaum jemand daran, dass die Schüsse gezielt abgegeben wurden, hieß es in junge Welt.

Staatspräsident Karolos Papoulias sagte zum Jahrestag: "Die Ermordung von Alexis Grigoropoulos war nicht nur eine abscheuliche Tat. Sie hat uns allen gezeigt, wohin Willkür führen kann".

(1) http://www.jungewelt.de/2009/12-07/062.php


Tausende Daimler-Beschäftigte demonstrieren

(04.12.2009/dpa/hg)

Rund 15 000 Mitarbeiter des Daimler-Werkes in Sindelfingen sind am Freitag für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze auf die Straße gegangen. Nach Angaben der IG Metall nahmen fast alle Beschäftigten der Früh- und der Tagesschicht an der Demonstration teil. An einem weiteren Demonstrationszug am Freitagabend im nahe gelegenen Böblingen beteiligten sich nach Angaben der IG Metall mehr als 8000 Menschen. Der Protest richtet sich gegen Pläne der Daimler-Spitze, den Bau der Mercedes-C-Klasse von 2014 an von Sindelfingen nach Bremen und in die USA zu verlagern.

Vier Stunden lang wurde im größten Daimler-Werk nicht produziert. Auf Transparenten der Demonstranten war zu lesen «Gute Nacht Baden-Württemberg» oder «Zetsche nach Amerika».

In den kommenden Tagen werden die Bänder voraussichtlich noch öfter stillstehen. Eine für Samstag geplante Zusatzschicht zur Produktion der E-Klasse in Sindelfingen wurde vom Betriebsrat abgesagt. Am Montag soll es Betriebsversammlungen in allen drei Schichten geben. Der Betriebsrat befürchtet, 3000 Jobs könnten verloren gehen. Laut Vorstand sind 1800 Stellen betroffen; die Mitarbeiter sollen andere Beschäftigungsangebote bekommen.

Gesamtbetriebsratschef Erich Klemm forderte Daimler-Chef Dieter Zetsche auf, sich im Werk Sindelfingen der Diskussion mit den Beschäftigten zu stellen. Dabei müsse er statt loser Versprechungen konkrete Zusagen mitbringen. Dazu gehöre, neue Produkte und zusätzliche Aufgaben zu umreißen, um die Beschäftigung am Standort langfristig zu sichern.

Zetsche verteidigte die geplante Verlagerung. «Man könnte die Situation aus heutiger Sicht überspitzt so darstellen, dass wir nicht vor der Alternative standen, die C- Klasse in Sindelfingen für die USA zu produzieren, sondern ob wir sie für die USA überhaupt noch produzieren können oder nicht», sagte er den «Stuttgarter Nachrichten» (Freitag).


Universität Frankfurt am Main: Casino brutal geräumt. Besetzer und AStA fordern Rücktritt des Universitätspräsidenten Müller-Esterl

(03.12.2009/AK Presse/hg)

Am Mittwoch, den 2. Dezember, wurde gegen 19 Uhr das seit Montag durch Studierende besetzte Casino des IG-Farben-Campus der Goethe-Universität Frankfurt/Main polizeilich geräumt. Am Abend betrat unerwartet der Präsident der Universität, Prof. Müller-Esterl, das Casino und forderte die ca. 200 sich derzeitig im Casino befindenden Besetzer auf, das Gebäude zu verlassen, andernfalls drohe die Räumung.

Begründet wurde dieser Schritt mit dem Vorwurf des Vandalismus, mit dem schon seit Beginn der Besetzung versucht wurde, von der Kritik der Studierenden von den eigentlichen Problemen abzulenken, ihren Protest zu diskreditieren und zu spalten.

Die Besetzer kamen der Aufforderung nicht nach und wollten stattdessen mit dem Präsidenten ins Gespräch kommen. Dieser hingegen zeigte keinerlei Bereitschaft, sich mit dem Anliegen seiner Studierenden auseinander zu setzen und verließ das Gebäude.

Als die Polizei kurz darauf das Gebäude stürmte, zogen sich die Besetzer und zahlreiche Besucher in den Festsaal zurück. Hier versuchten diese ihr eigentliches Anliegen, eine Diskussion über die Probleme des Bildungssystems zu führen, weiter zu verfolgen und hielten zusammen mit Prof. Thomas Sablowski ein Seminar ab.

Als die Polizeikräfte in den Festsaal eindrangen, bot sich ihnen ein Bild, das dem von der Uni-Leitung propagierten diametral widersprach: die Besetzer diskutierten über einen kritischen Bildungsbegriff und die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie. Die Polizeikräfte zogen die Vorhänge zu und begannen nach und nach die Diskutierenden unter Gewaltandrohungen und teils mit Schlägen und Tritten zu entfernen. Dabei kam es zu Brüchen und sexuellen, sowie rassistischen Übergriffen seitens der Polizei, obwohl sich die Betroffenen kooperativ zeigten. Pressevertreter wurden drangsaliert und des Raumes verwiesen.

Währenddessen und danach kam es auch vor dem Casino, wo sich Kommilitonen versammelten um sich solidarisch mit den Besetzer zu zeigen, zu ähnlichen Gewaltszenarien. Dabei wurden Demonstranten brutal von den Fenstern zurückgedrängt, teils unter Einsatz von Hunden vom Campus geprügelt, und anschließend auf den Straßen noch gejagt und zum Teil angefahren, getreten und geschlagen. Insgesamt wurden mindestens 5 Menschen im Krankenhaus behandelt.

Neben der Polizeiwillkür und -brutalität ist der große Skandal an diesem Abend, dass der Unipräsident Müller-Esterl sich nicht zu den inhaltlichen Positionen und den zahlreich besuchten Workshops geäußert hat. „Seitens der Unileitung hat es keine Auseinandersetzung mit den Motiven und Positionen des Besetzerplenums gegeben. Stattdessen hat sie ohne Vorankündigung einen Apparat von mehreren Hundertschaften – darunter auch Bundespolizei – eingesetzt, um inhaltliche Konflikte aus dem Weg zu räumen. Der gerade beginnende konstruktive Prozess wurde schlicht abgewürgt“, so ein Sprecher des AK Presse.

Auch mit den anwesenden Professoren, die das Gespräch suchten, war Müller-Esterl nicht bereit ein Wort zu wechseln. Das Verhalten der Unileitung mit dem Versuch der gezielten Delegitimation studentischen Protests und die Ignoranz der inhaltlichen Auseinandersetzung sind nicht tolerierbar. Weder gab es vor Dienstagabend ein Gesprächsangebot noch das Angebot von Räumen, wie der Präsident in einer Erklärung an alle Senatsmitglieder behauptete.

Das Protestplenum, ebenso wie der AStA der Uni Frankfurt, fordert den unverzüglichen Rücktritt Müller-Esterls. Die Besetzer, durch dieses Verhalten und zahlreiche Solidaritätserklärungen bestärkt, werden ihr Programm fortsetzen und sich nicht durch das Verhalten des Präsidiums einschüchtern lassen.

Aus der Presseerklärung des AK Presse der Universität Frankfurt im Auftrag des Plenums.

Eine weitergehende "Erklärung der Besetzer_innen aus dem Casino" ist hier zu lesen .


Trotz Afghanistan-Untersuchungsausschuss: Angela Merkel begrüßt Barack Obamas Kriegspläne

(02.12.2009/dpa/hg)

Bundeskanzlerin Merkel begrüßt die Ankündigung des US-Präsidenten, den Krieg in Afghanistan mit einer massiven Militäroffensive und der Entsendung von 30.000 zusätzlichen Soldaten zu verschärfen. Das gab ein Sprecher der Regierung am Mittwoch in Berlin bekannt.

Barack Obama hatte seine Pläne am Dienstagabend (Ortszeit) in einer Rede in der Militärakademie West Point erläutert. Die Zahl der US- Truppen in Afghanistan erhöht sich damit auf rund 100.000 Soldaten.

Die Verschärfung der Kämpfe soll ein Ausstiegsszenario vorbereiten, dass frühestens im Sommer 2011 den Rückzug eines Teils der US-Soldaten vorsieht, wenn es die militärische Lage zulasse.

Obama machte deutlich, dass er ein stärkeres Engagement der NATO-Verbündeten erwartet.

Einem Bericht der „Leipziger Volkszeitung“ vom Mittwoch zufolge fordern die USA von der Bundesregierung eine massive Aufstockung des Bundeswehrkontingents in Afghanistan um 2.000 Soldaten, die auch in den heftig umkämpften Gebieten Afghanistans eingesetzt werden sollen. Nach einem Bericht der «Bild»-Zeitung (Mittwoch) hat sich Berlin auf Forderungen der USA bis zu 2500 zusätzlichen Bundeswehrsoldaten eingestellt.

Unterdessen hat der Verteidigungsausschuss des Bundestags am Mittwoch in Berlin einstimmig seine Umwandlung in einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Kundus-Affäre beschlossen. Dem von einem Oberst der Bundeswehr angeforderten Luftangriff auf zwei Tanklastwagen in Afghanistan sind nach Angaben der Opferanwälte 179 Zivilisten zum Opfer gefallen. Die NATO spricht von bis zu 142 Toten und Verletzten bei dem Massaker.

Der Ausschuss soll sich in der nächsten regulären Sitzung am 16. Dezember konstituieren. Voraussichtlich sollen unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), sein Vorgänger Franz Josef Jung (CDU) und Ex-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan vor das Gremium geladen werden.

Union , FDP sowie die Opposition aus SPD, Linken und Grünen wollen mit einen gemeinsamen Fragenkatalog die Umstände des Luftschlags sowie die anschließende Verheimlichung von zivilen Opfern im Verteidigungsministerium aufklären.

Unstimmigkeiten gibt es noch in der Frage, inwieweit der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsgremium Zeugen öffentlich anhören wird. In der Regel tagt er vertraulich

Sollten die Regierungsfraktionen öffentliche Sitzungen zu politischen Komplexen ablehnen, will die Opposition einen zweiten Untersuchungsausschuss – ein Gremium des ganzen Parlaments – einsetzen. Das dafür erforderliche Quorum von 25 Prozent der Abgeordneten erfüllen SPD, Linke und Grüne gemeinsam deutlich.

Linke-Fraktionschef Gregor Gysi warb für einen zweiten Untersuchungsausschuss, um sicherzustellen, dass die Öffentlichkeit erfahre, „wann und ob die Regierung etwas gewusst hat“. Gysi sagte, derzeit liefen darüber noch Gespräche mit den Sozialdemokraten.

Schon jetzt deutet sich an, dass sich die Mehrheit der Ausschussmitglieder durch die Ergebnisse des Verfahrens nicht von ihrer Zustimmung zum Krieg Deutschlands in Afghanistan abbringen lassen will. Der Ausschuss sei im Sinne der Soldaten sowie der Akzeptanz des Afghanistan-Einsatzes und für das Vertrauen in Parlament und Regierung nötig, erklärte die FDP-Abgeordnete Elke Hoff. Ähnlich äußerten sich die anderen Politiker, so dpa.


Hessens Finanzminister Weimar wegen Steuerfahnderaffaire erneut in der Kritik

(02.12.2009/faz)

Hessens Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) hat den vier Steuerfahndern, die aufgrund fehlerhafter psychiatrischer Gutachten für dienstunfähig erklärt worden waren, eine Rückkehr in den Staatsdienst angeboten. Das berichtete die FAZ in ihrer Mittwochsausgabe.

Die für ihre Reaktivierung notwendige ärztliche Untersuchung sollte dann aber außerhalb Hessens stattfinden, habe Weimar gesagt. Zugleich bestritt der Minister jegliches Fehlverhalten der Steuerverwaltung.

Rudolf Schmenger, einer der betroffenen Steuerfahnder im Zwangsruhestand sieht sich durch das Angebot verhöhnt. „In der Verwaltung, in der ich gestern diffamiert wurde, soll ich heute wieder arbeiten?“, sagte er der dpa.

Als Voraussetzung für die Annahme des Angebotes nannte Schmenger die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens gegen die Vorgesetzten in der Steuerverwaltung, die ihn und seine Kollegen aus dem Amt gemobbt hätten. Weimar müsse dieses Fehlverhalten eingestehen. Die Opposition im hessischen Landtag forderte eine Entschuldigung des Finanzministers.

Hintergrund der Vorgänge ist eine länger zurückliegende Affäre in der hessischen Steuerverwaltung. Zahlreiche Steuerfahnder hatten sich gegen eine interne Verfügung aus dem Jahr 2001 gewandt, die Geldtransfers ins Ausland unter 500.000 D-Mark als steuerrechtlich unverdächtig einstufte und so die Verfolgung zahlreicher Steuerflüchtlinge untersagte. Einige Fahnder vermuteten dahinter die politische Absicht, durch eine wenig effektive Steuerfahndung für ansiedlungswillige Firmen attraktiver zu werden.

Ein Psychiater soll dem Land dann mit Gefälligkeitsgutachten geholfen haben, die vier unliebsamen Steuerfahnder loszuwerden. Der Arzt soll die Steuerfahnder mit fragwürdigen Gutachten dienstunfähig geschrieben haben, lautete der von der hessischen Landesärztekammer erhobene Vorwurf, wie das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtete. Die Praxis- und Büroräume des Mediziners seien bereits durchsucht worden. Das von der Kammer angestrengte Verfahren kann bis zur Erklärung der Berufsunwürdigkeit gehen.

Die Diagnosen lauteten dem Bericht zufolge unter anderem auf „Anpassungsstörung“ oder „paranoid-querulatorische Entwicklung“. Die Steuerfahnder waren daraufhin gegen ihren Willen in den vorzeitigen Ruhestand geschickt worden.


Massaker am Kundus: Kanzleramt contra Guttenberg

(30.11.2009/dpa/hg)

Das für Verteidigungspolitik zuständige Referat im Bundeskanzleramt hat nach einem Bericht des „Kölner Stadtanzeigers“ vom Montag den von der Bundeswehr angeforderten Luftangriff auf zwei Tanklastwagen in der afghanischen Provinz Kundus schon vor der Bundestagswahl am 27. September als militärisch unangemessen eingestuft. (1)

Das Referat sei zu einem anderen Schluss als Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gekommen. Dieser hatte den Luftschlag noch am 6. November als „militärisch angemessen“ bezeichnet und hinzugefügt: „Selbst wenn es keine Verfahrensfehler gegeben hätte, hätte es zum Luftschlag kommen müssen.“

Unter Berufung auf „Regierungskreise“ berichtete der „Kölner Stadtanzeiger“, dass die Experten des Kanzleramtes zu der Einschätzung gekommen seien, dass der Befehl von Oberst Georg Klein zum Luftangriff auf die Tanklaster bei Kundus am 4. September militärisch nicht angemessen war und es deshalb zu einem Gerichtsverfahren kommen werde.

Regierungssprecher Christoph Steegmans wollte die Angaben der Zeitung am Montag in Berlin nicht bestätigen. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte: „Ich kenne keine Einschätzung des Kanzleramtes zu dieser Frage.“

Unterdessen sind im Bundeswehr-Feldlager im afghanischen Masar-i- Scharif T-Shirts mit einer menschenverachtenden Aufschrift im Bezug auf die verheerende Tankwagen- Bombardierung und das Gebot „Du sollst nicht stehlen!“ aufgetaucht.

Auf den Shirts sollen zwei in unterschiedliche Richtungen fahrende Tanklaster zu sehen sein, darüber der englische Bibelvers „“Thou shalt not steal!“, Exodus 2.15“.

Der deutsche Chef des Regionalkommandos Nord, Brigadegeneral Jürgen Setzer, hat den Verkauf nach Angaben eines Ministeriumssprechers umgehend stoppen lassen und den Bundeswehr-Angehörigen das Tragen der Shirts verboten.

Mittlerweile sei Setzer durch Brigadegeneral Frank Leidenberger abgelöst worden, schreibt Bild.de.

Nach Angaben des Verteidigungsministeriums vom Sonntag wurden die T-Shirts in einem nicht von Deutschen betriebenen Laden auf dem Lagergelände verkauft.

Bei dem Massaker am Fluss Kundus sind nach Angaben eines unabhängigen Rechercheteams um den Bremer Rechtsanwalt Karim Popal zahlreiche Kinder ums Leben gekommen. Insgesamt habe es 179 zivile Opfer gegeben und nur fünf tote Taliban gegeben. (2)

Am Donnerstag, den 3.12.09, wird im Deutschen Bundestag über die Verlängerung des von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnten Afghanistaneinsatzes abgestimmt.

Derweil haben 725 Künstler und Kulturschaffende einen Aufruf gegen eine weitere Verlängerung des Bundeswehrmandats unterschrieben. (3)

(1) http://www.ksta.de/html/artikel/1256137089840.shtml
(2) http://www.hintergrund.de/20091127540/politik/inland/tats%C3%A4chliche-opferzahlen-des-massakers-von-kun dus-bekanntgegeben-179-zivile-opfer-und-5-taliban.html
(3) www.Unruhestiften.de


Präsidentschaftswahlen in Lateinamerika: Linke gewinnt in Uruguay, Wahlfarce in Honduras

(30.11.2009/dpa/hg)

Uruguay bekommt aller Voraussicht nach eine linke Regierung. José Mujica, der Kandidat des linken Regierungsbündnisses Breite Front (Frente Amplio), hat am Sonntag die Stichwahl um das uruguayische Präsidentenamt mit etwa 51 Prozent der Stimmen klar gewonnen. Das gaben alle drei Umfrageinstitute des Landes übereinstimmend bekannt. Mujicas konservativer Gegenspieler, der Ex-Präsident Luis Alberto Lacalle (1990-1995), kam demnach nur auf 44 Prozent. Die Umfrageergebnisse werden durch die ersten offiziellen Teilergebnisse bestätigt.

Lacalle erkannte seine Niederlage an. „José Mujica wird ab 1. März auch unser Präsident sein“, sagte er. Mujica wiederum zollte seinem Gegenspieler in seiner Siegesrede ausdrücklich Respekt. „Heute ist ein Tag der Freude. Aber wir wissen auch, dass es heute Landsleute gibt, die unglücklich sind und niemand sollte den Fehler begehen, sie zu beileidigen“, sagte er im Zentrum der Hauptstadt Montevideo.

„Arm dran ist derjenige, der meint, die Macht sei bei denen da oben, und der nicht merkt, dass die wahre Macht im Herzen des Volkes ist“, fügte er unter Applaus hinzu. „Es hat mich die Zeit eines Lebens gekostet, das zu lernen. Wir werden Fehler machen, bestimmt, aber wir werden den Problemen nie den Rücken kehren“, versprach der 75jährige Wahlsieger, der sein Amt am 1. März antreten wird.

Mujica kündigte an, er werde mit allen politischen Kräften in Uruguay darüber sprechen, wie das Land gemeinsam voran gebracht werden könne.

Unterdessen ist zu befürchten, dass die von der rechten Putschregierung durchgesetzten Präsidentschaftswahlen in Honduras zur weiteren Spaltung der Bevölkerung beitragen. Nach Mitteilung der nationalen Wahlbehörde von Sonntagabend (Ortszeit) ist der konservative Unternehmer Porfirio Lobo Sosa mit rund 55 Prozent der Stimmen der voraussichtliche Wahlsieger.

Proteste der Oppositionsbewegung gegen die im In- und Ausland als illegal geltende Wahl wurden laut Angaben von Nicht-Regierungsorganisationen von den Sicherheitskräften durch ein besonders hartes Vorgehen unterdrückt.

In San Pedro Sula, wo viele Menschen gegen die Wahl und gegen Festnahmen von Oppositionellen protestierten, wurden mehrere Personen verletzt. Amnesty International berichtete von Festnahmen. Ein spanischer Reporter wurde festgenommen, weil er sich in die Politik eingemischt habe.

Zahlreiche Anhänger des rechtmäßigen Präsidenten Manuel Zelaya waren erst gar nicht zu der Wahl gegangen. (1)

Viele Länder in Amerika hatten bereits im Vorfeld erklärt, die Wahl und den neuen Präsidenten nicht anerkennen zu wollen. Die Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS) hat angekündigt, in der kommenden Woche erneut über die Lage in Honduras nach den Wahlen zu beraten.

(1) http://www.amerika21.de/nachrichten/inhalt/2009/nov/wahlfarce-in-honduras-gescheitert/


Bundeswehrmassaker im Kundus: Zahl der zivilen Opfer dramatisch gestiegen

(27.11.2009/hg)

Drei Monate nach dem von der Bundeswehr am 04. September angeforderten Bombenangriff auf zwei Tanklastwagen im afghanischen Kundus müssen die bisher kursierenden Opferzahlen wahrscheinlich deutlich nach oben korrigiert werden.

„Sowohl die Liste von Amnesty International als auch die der Vereinten Nationen führen 168 zivile Opfer an. Einzig der Gouverneur von Kundus, ein korrupter Typ, hat eine Gegenliste erstellt, spricht immerzu von 30 toten Zivilisten.“, sagte Karim Popal, der von den betroffenden Familien zur Wahrung ihrer Interessen beauftragte Rechtsanwalt gegenüber der WAZ-Mediengruppe. (1)

Das Bundesverteidigungsministerium sprach bisher von bis zu 142 Opfern. In diese Zahl wurden Talibankämpfer und Zivilisten, Tote und Verletzte mit eingeschlossen.

Popal, der vor Ort recherchiert hat, weist auf die hohe Zahl von Zivilisten hin, die sich in der Nacht des Bombardements in der Nähe der Tanklastwagen aufgehalten haben. „Der 4. September fiel in die Zeit des Ramadan, des islamischen Fastenmonats. Es war gegen Abend, als fünf bewaffnete Taliban in der Moschee auftauchten und die Betenden aufforderten, mitzuhelfen, das Benzin aus den Tanklastzügen abzuzapfen. Anfangs befanden sich sogar 1000 Leute, Kinder, Frauen und Männer, in der Nähe der Tanklastwagen.“

Unter den Opfern befinden sich auch Kleinkinder, sagte Popal im Interview: .„Unter den Toten sind zwei- und dreijährige Kinder und Frauen. Zu den Hinterbliebenen gehört eine Frau, die ihren Mann dort am Kundus-Fluss verlor und nun allein für sechs Kinder sorgen muss. Das älteste ist gerade einmal elf Jahre alt. Wir haben der Bundesregierung eine außergerichtliche Einigung vorgeschlagen. Sollte das scheitern, klagen wir auf Schadenersatz wegen fehlerhaftem und fahrlässigem Verhalten der Bundeswehr.“

(1) http://www.derwesten.de/nachrichten/politik/2009/11/26/news-141929927/detail.html


Brasilien erkennt Wahlen in Honduras nicht an

(27.11.2009/dpa/hg)

Brasilien will die für Sonntag anberaumten Wahlen in dem von Putschisten regierten Land Honduras nicht anerkennen. Das erklärte der brasilianische Außenminister Celso Amorim am Donnerstag am Rande einer Tagung in Manaus, der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Amazonas.

„Ein Staatsstreich kann nicht als Form des Politikwechsels legitimiert werden“, erläuterteder Minister die Haltung seines Landes, dass sich stets für eine Rückkehr des Ende Juni gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya eingesetzt hat.

Zelaya hat nach seiner heimlichen Rückkehr nach Honduras im September in der brasilianischen Botschaft in Tegucigalpa Zuflucht gefunden.

Mit der Ablehnung der Wahlen geht Brasilien demonstrativ auf Gegenkurs zur US- Regierung. Barack Obama will das Wahlergebnis anerkennen.

Die Fraktion der Grünen im deutschen Bundestag hat die Bundesregierung dagegen am Donnerstag aufgefordert, die Präsidentschafts., Parlements- und Kommunalwahlen in Honduras nur dann anzuerkennen, wenn der rechtmäßige Präsident Zelaya in das Präsidentenamt zurückkehrt.

Grüne und Linke brachten ähnlich lautende Beschlussanträgeg in die Debatte ein. Eine Normalisierung oder Gewöhnung im Umgang mit der honduranischen Putschregierung dürfe nicht zugelassen werden, forderte die Linke.

Solche Bestrebungen gibt es seit Beginn des Putsches von Vertretern der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stifung. (1)

In der Bundestagsdebatte zum Thema „Demokratie in Honduras“ wurde die Haltung der Stiftungsvertreter und ihres Vorsitzenden Wolfgang Gerhardt (FDP) von Rednern der Linken, der Grünen und der SPD scharf kritisiert.

(1) Über die Rolle der Friedrich-Naumann-Stiftung in Honduras hat Hintergrund ausführlich berichtet:
http://www.hintergrund.de/20091123535/politik/welt/naumann-stiftung-in-honduras-gespalten.html

http://www.hintergrund.de/20091023516/politik/welt/kampf-gegen-den-putsch-2.0.html

http://www.hintergrund.de/20090706420/politik/welt/honduras-deutsche-partner-der-putschisten.html


Barack Obama ist für Landminen und schickt mehr Soldaten nach Afghanistan

(25.11.2009/dpa/hg)

Der Friedensnobelpreisträger entpuppt sich als Falke. Er will bis zu 30.000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan schicken. Das berichtete die New York Times am Mittwoch unter Berufung auf Berater des US-Präsidenten.

Der Sprecher des US-Außenministeriums, Ian Kelly, hatte außerdem bereits am Dienstag in Washington bekannt gegeben, dass die USA auch weiterhin als einziger NATO-Staat nicht dem internationalen Abkommen zur Ächtung von Landminen beitreten werden.

Die Regierung sei zu dem Schluss gekommen, „weder den nationalen Verteidigungsanforderungen noch den Sicherheitsverpflichtungen gegenüber unseren Freunden und Verbündeten genügen zu können, wenn wir diese Konvention unterzeichnen“.

Unterdessen erwartet Obama von den anderen NATO-Mitgliedsstaaten ein stärkeres Engagement am Hindukusch, sagte Pentagonsprecher Geoff Morrell.

Schon jetzt explodieren die Kosten des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr. Im nächsten Jahr wird das militärische Abenteuer voraussichtlich rund 215 Millionen Euro teurer.

In ihrem Antrag an den Bundestag zur Verlängerung des Mandats für die internationale Afghanistan-Schutztruppe ISAF beziffert die Bundesregierung die Ausgaben für 2010 auf rund 785 Millionen Euro. 2009 waren 570 Millionen Euro veranschlagt worden.

Der Bundestag befasst sich an diesem Donnerstag in erster Lesung mit dem Mandat, das am 13. Dezember ausläuft und in dritter Lesung Anfang Dezember um ein Jahr verlängert werden soll.

Schon jetzt ist die Bundeswehr für zahlreiche Tote und Verletzte unter der afghanischen Zivilbevölkerung verantwortlich – darunter auch Kinder.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) schloss trotzdem nicht aus, dass die deutsche Truppenstärke erhöht werden könnte, will eine Entscheidung jedoch vom Ergebnis der internationalen Afghanistan-Konferenz Ende Januar abwerten.


Westafrika: Tödlicher Piratenüberfall auf deutschen Öltanker

25.11.2009/dpa/hg)

Bewaffnete Piraten haben am Dienstag vor der Küste Benins den deutschen Öl-Tanker „Cancale Star“ überfallen, den aus der Ukraine stammenden 1. Offizier erschossen und vier andere Besatzungsmitglieder verletzt. Das bestätigte die Hamburger Reederei „Chemikalien Seetransport“ am Mittwoch.

Die Piraten sollen den Schiffstresor geplündert und dann die Flucht ergriffen haben. Der Crew sei es gelungen, einen der Männer zu überwältigen und ihn in der Hafenstadt Cotonou den Behörden in Benin zu übergeben. Der Mann werde vernommen, hieß es von dort am Mittwoch.

Der Überfall soll sich mehr als 16 Seemeilen vor der Küste Benins zugetragen haben.

Zwischen Jahresbeginn und Ende Oktober zählte die Internationale Handelskammer vor der Küste Westafrikas bereits 20 Piratenangriffe.

An Bord des deutschen Tankers befanden sich zum Zeitpunkt des Überfalls insgesamt 24 Besatzungsmitglieder.

Sie stammten aus der Ukraine, aus Litauen und den Philippinen. Der Kapitän ist ein Lette. Der Tanker war in Rotterdam mit Öl beladen worden und hatte vor dem Überfall zuletzt in Nigeria angelegt.


Erneuter Atomunfall in Harrisburg

(23.11.2009/dpa/hg)

30 Jahre nach dem schwersten Atomunfall in der amerikanischen Geschichte ist am Wochenende erneut Radioaktivität in einem Reaktor des Kernkraftwerks Harrisburg ausgetreten.

Das berichteten amerikanische Medien am Montag unter Berufung auf die Atomaufsichtsbhörde NRC. 150 Arbeiter seien nach dem Vorfall nach Hause geschickt worden.

Bei den Arbeitern sei eine leichte Verstrahlung festgestellt worden, in einem Fall von 16 Millirem. Die Obergrenze der zulässigen Jahresdosis für Exelon- Arbeiter liegt laut Informationen des Nachrichtensenders CNN bei 2000 Millirem. Bei Röntgenaufnahmen der Brust würden Patienten einer Strahlenbelastung von sechs Millirem ausgesetzt.

Im Kraftwerk Three Mile Island vor den Toren von Harrisburg, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Pennsylvania, hatte sich am 28. März 1979 der bis dahin schwerste Unfall in der Geschichte der zivilen Nutzung der Kernenergie ereignet.

Die teilweise Kernschmelze hatte weltweit Besorgnis ausgelöst. Seit damals wurden keine neuen Atomkraftwerke in den USA gebaut.


Nicaragua: Demonstration unterstützt Ortega

(23.11.2009/dpa/hg)

In Nicaragua haben am Samstag Tausende Menschen für die Politik des linken Präsidenten Daniel Ortega demonstriert. Ortega will sich bei der für 2011 bevorstehenden Präsidentschaftswahl erneut bewerben.

Rechte Parteien organisierten eine Demonstration gegen die Regierung, der sich Tausende Anhänger der sozialistischen Politik des Präsidenten in der Hauptstadt Managua entgegenstellten.

Obwohl das Oberste Gericht des Landes entschieden hat, dass die Wiederwahl zulässig ist, werfen die im Parlament vertretenen Oppositionsparteien dem sandinistischen Präsidenten vor, eine Diktatur einrichten zu wollen.

Die demokratischen Kräfte des Landes fürchten allerdings eher einen Umsturz von rechter Seite.

Nach ihrer erfolgreichen Unterstützung des Putschregimes von Roberto Micheletti in Honduras sind die Internationalen Liberalen nun anscheinend bestrebt einen Machtwechsel in Nicaragua herbeizuführen.

Der sandinistische Präsident Daniel Ortega (FSLN) verwies deshalb den Vorsitzenden der Internationalen Liberalen (LI), Hans van Baalen, am Donnerstag des Landes, berichtete amerika21.de. (1)

Der Oberst der Reserve habe versucht, nicaraguanische Offiziere davon zu überzeugen, eine „honduranische Lösung“ mitzutragen, habe Ortega die Maßnahme begründet.

Am 28. Juni 2009 hatte Honduras Armee den rechtmäßigen Präsidenten Manuel Zelaya entführt und gewaltsam außer Landes gebracht.

(1) http://www.amerika21.de/nachrichten/inhalt/2009/nov/nicaragua_059_liberale/


Transatlantische Kampfgemeinschaft : Bundeswehr feuert auf Kinder

(20.11.2009/dpa/hg)

Am Mittwoch haben Bundeswehrsoldaten im nordafghanischen Kundus zwei afghanische Zivilisten mit Handfeuerwaffen beschossen und dabei einen Mann und ein Kind verletzt.

Unterdessen suchte Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bei seinem Antrittsbesuch in Washington den engen Schulterschluss mit den USA: „Wir versuchen, uns über die zivilen und militärischen Aspekte sehr, sehr eng abzustimmen und eine Koordination zu finden, die in den Aufschlag einer Afghanistan-Konferenz Anfang nächsten Jahres münden soll“, sagte er am Donnerstag nach einem Gespräch mit seinem US-Amtskollegen Robert Gates.

Die Verbündeten seien in Afghanistan „zum Erfolg verdammt“. Deshalb soll das Mandat der Bundeswehr für die Beteiligung an der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF im Dezember um ein Jahr unverändert verlängert werden. Derzeit sind rund 4.500 deutsche Soldaten in Afghanistan.

Vor dem Zentrum für strategische und internationale Studien in Washington sagte Guttenberg vor rund 150 Zuhörern: „Wir sind in Kampfhandlungen und haben auch unsere eigenen Opfer.“

Von den zivilen Opfern deutscher und US-amerikanischer Bombardements war mal wieder nicht die Rede.

Anfang September waren auf Befehl des deutschen Oberst Georg Klein bis zu 142 Menschen durch ein Bombardement von zwei Tanklastwagen ums Leben gekommen.


Hurrikan „Katrina“: US-Armee verantwortlich für die Zerstörung von New Orleans

(20.11.2009/dpa/hg)

Das Ingenieurkorps der US-Streitkräfte hat die zerstörerischen Überflutungen von New Orleans nach dem Wirbelsturm „Katrina“ bewirkt. So jedenfalls urteilte am Mittwoch ein US-Bezirksgericht.

Das Militär-Korps sei für den Bau eines Abflusskanals verantwortlich gewesen, habe diesen aber nicht ausreichend gewartet, so dass „Katrina“ freie Bahn gehabt habe.

Der Kanal habe bei dem Hochwasser nach dem Sturm wie ein „Trichter“ gewirkt, sagte Richter Stanwood R. Duval nach Angaben der Finanznachrichtenagentur Bloomberg.

Der Kanal war im Jahr 1965 als Abkürzung zwischen dem Mississippi und dem Golf von Mexiko gebaut worden.

Der Wirbelsturm „Katrina“ traf im August 2005 auf die US-Bundesstaaten Louisiana, Mississippi, Florida, Georgia und Alabama und tötete dabei mehr als 1.800 Menschen.

Etwa 1,3 Millionen Menschen entlang der US-Golfküste verloren ihre Existenz. Mit 125 Milliarden Dollar Gesamtschaden ist „Katrina“ der bislang zerstörerischste Sturm.

Die US-Regierung unter Präsident George W. Bush hatte die Lage zunächst völlig unterschätzt. Es dauerte Tage, bis umfassende Bundeshilfe anrollte.

Laut Duval war sich die Armee der Gefahr durch den schlechten Zustand des Abflusskanals bewusst und habe auch über Abhilfe nachgedacht, diese Idee dann aber aus Kostengründen verworfen. Das Ingenieurskorps hätte dafür sorgen müssen, dass der Kanal keine Gefahr für Mensch und Umwelt sei.

Das Gericht sprach fünf Opfern des Hurrikans eine Entschädigung von 720.000 Dollar (etwa 482.000 Euro) zu.

Die Entscheidung könnte einen Präzedenzfall schaffen und Klagen von mehr als 100.000 Anwohnern und Geschäftsleuten nach sich ziehen. In der Folge könnten auf Washington Forderungen über mehrere zehn Millionen Dollar zukommen, berichtete die „New York Times“ am Donnerstag. Es werde allerdings erwartet, dass die US-Regierung das Urteil anfechten wird.


Liberale belohnen blutigen Staatsstreich: Micheletti zum Vizepräsidenten der Liberalen Internationale ernannt

(18.11.2009/hg)

Über 100 Tote, 550 Verletzte, sowie Tausende von willkürlich verhafteten Menschen gehen auf das Konto des seit Ende Juni herrschenden Putschisten-Regimes des Roberto Micheletti in Honduras, berichtete das Neue Deutschland am Dienstag (17.11.09).

Nun wurde ausgerechnet der Anführer des international verurteilten Staatsstreichs, mit dem der legitime Präsident Manuel Zelaya am 28. Juni 2009 aus dem Amt gejagt wurde, auch noch mit einem Spitzenposten im internationalen Verband der liberalen Parteien belohnt.

Das gaben Christian Lüth, Leiter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Honduras, sowie der niederländische EU-Abgeordnete Hans van Baalen, Präsident der Liberalen Internationale (LI), bereits am vergangenen Freitag bekannt.

„Wir glauben, dass Micheletti die Demokratie stärken kann“, sagte van Baalen laut Neues Deutschland.

Die demokratischen Kräfte vor Ort sehen das freilich ganz anders. „Wir finden es nicht in Ordnung, dass Vertreter der extremen Rechten, wie aktuell aus Deutschland und Holland, in unser Land kommen, um die Putschregierung zu unterstützen“, sagte, Eulogio Chávez, der Vorsitzende der wichtigsten Lehrergewerkschaft des Landes gegenüber dem Neuen Deutschland:

Deutschlands neuer Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat zu dem Vorgang bisher noch nichts verlauten lassen.

Die FDP-nahe Friedrich Naumann-Stiftung gehörte aber von Beginn an zu den Unterstützern des blutigen Staatsstreichs in Honduras.(1)

(1) http://www.hintergrund.de/20090706420/politik/welt/honduras-deutsche-partner-der-putschisten.html


Immer mehr Selbstmorde unter US-Soldaten

18.11.2009/dpa/hg)

Die jahrelangen Kampfeinsätze im Irak und in Afghanistan hinterlassen in der US-Armee ihre Spuren. In diesem Jahr hat es schon 140 Selbstmorde gegeben – so viele wie im gesamten Jahr 2008. Damit dürfte 2009 zu einem neuen Suizid-Rekordjahr werden, sagte Heeres-Vizestabschef Peter Chiarelli am Dienstag.

Auch das sogenannte post-traumatische Belastungssyndrom, Depressionen und andere psychische Erkrankungen sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch stiegen bei den Soldaten deutlich an, hatte die „Washington Post“ bereits am Freitag der vergangenen Woche berichtet.

Die psychischen Folgen, unter denen die Streitkräfte heute litten, seien so groß wie nie zuvor, schreibt die Zeitung und beruft sich auf Militärbeamte.

Rund 30 Prozent der Soldaten, die von einem Kampfeinsatz zurückkehren, leiden unter psychischen Folgen, wie Depressionen, Angstzuständen und post-traumatischem Stress. Auch diejenigen, die die Soldaten behandeln, wie der Attentäter von Fort Hood, seien nicht immun. Es sei nicht ungewöhnlich, dass Therapeuten selbst Symptome zeigten, wenn sie immer wieder von den Horrorszenen auf dem Schlachtfeld hörten.

Fort Hood, der größte Militärstützpunkt in den Vereinigten Staaten, ist von den wachsenden Belastungen besonders hart getroffen. Die Zahl der Selbstmorde seit Beginn des Kriegs im Irak im Jahr 2003 sei hier am größten, berichtete die «Washington Post» unter Berufung auf offizielle Statistiken.


Weltweit mobil. Das deutsche Gesundheitswesen wird weiter militarisiert

(16.11.2009/hg)

In ihrer gemeinsamen Konferenz „300 Jahre Charité und Militärmedizin“ haben das Berliner Uniklinikum und die Bundeswehr ein mobiles physiologisches Labor „mobPhysioLab“ vorgestellt, das prinzipiell an jedem Ort der Welt eingesetzt werden kann und deshalb von hoher praktischer Bedeutung für militärische Einsätze ist. Das berichtete die junge Welt in ihrer Montagsausgabe.

Manfred Gross, Prodekan der Charité, habe die etwa 100 Zuhörer aus Medizin, Wissenschaft, Militär und Bundestag im Bundeswehrkrankenhaus mit der Feststellung begrüßt, dass die „Einsicht in die Notwendigkeit militärischer Präsenz“ in Berlin glücklicherweise gestiegen sei. Das Bundeswehrkrankenhaus Berlin ist zugleich akademisches Lehrkrankenhaus der Charité.

Doch nicht nur bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr sondern auch im Inland nimmt die zivil-militärische Zusammenarbeit immer größere Dimensionen an.

So hat das Bundeswehrkrankenhaus in Berlin erst am 02. November die militärische Präsenz auch im Rettungsdienst der Bundeshauptstadt weiter ausgebaut. An diesem Tag wurde nämlich der neue Rettungswagen (RTW) „Bundeswehr 1704“ in Dienst gestellt. (1)

Die Abteilung Notfallmedizin und Rettungsdienst können nun etwa 3.500 weitere Einsätze im Jahr übernehmen, teilte die Leitung des Bundeswehrkrankenhauses mit. Zugleich könne mit dem Fahrzeug das Aus- und Weiterbildungsangebot für Sanitätsfeldwebel der Bundeswehr optimiert werden.

Am Bundeswehrkrankenhaus in Berlin sind bereits ein Notarztwagen „NAW 1705“ und ein weiterer Rettungswagen „Bundeswehr 2500“ 24 Stunden am Tag im Einsatz. Auch „Bundeswehr 1704“ werde von nun an nahezu ununterbrochen in der Hauptstadt unterwegs sein.

Im März des nächsten Jahres soll die Kooperation zwischen der Berliner Feuerwehr und dem Bundeswehrkrankenhaus Berlin noch weiter intensiviert werden. Zu diesem Zeitpunkt soll ein weiterer Wagen in Dienst gestellt werden.

(1) vgl. http://www.bundeswehrkrankenhaus-berlin.de/portal/a/berlin


Vorbild Abu Ghoreib: Neue Foltervorwürfe gegen britische Soldaten im Irak

(16.11.2009/dpa/hg)

In mehr als 30 Fällen sollen britische Soldaten im Irak irakische Zivilisten gefoltert und sexuell missbraucht haben. Das berichtete die Zeitung „Independent“ in der vergangenen Woche. Sie stützt sich dabei auf ein Schreiben des Anwalts der ehemaligen Gefangenen, Phil Shiner.

Den Soldaten wird vorgeworfen, sie hätten irakische Zivilisten gezwungen, sich nackt auszuziehen. Die Menschen seien gefoltert, mit Elektroschocks gequält, gedemütigt und dabei fotografiert worden.

Ein 16 Jahre alter Junge sei von zwei Soldaten vergewaltigt worden. In einem anderen Fall sollen Soldaten und Soldatinnen vor Gefangenen Geschlechtsverkehr gehabt haben, um diese zu demütigen. In einem Falls sei die Folter den Fotos aus dem US-Militärgefängnis Abu Ghoreib nachgestellt worden.

Am Sonnabend bestätigte das britische Verteidigungsministerium, dass die Vorgänge überprüft würden. Der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Bill Rammell, betonte, die neuen Anschuldigungen würden sehr ernst genommen. „Es gab Beispiele, dass sich Einzelne schlecht verhalten haben.“

Die Fälle gehen bis 2003 – dem Beginn des Einsatzes – zurück. Viele Vorwürfe seien aber erst nach dem Abzug der Briten aus dem Irak in diesen Sommer bekannt geworden. Davor hätten die Opfer Angst gehabt, ihre Erlebnisse zu schildern.

Anwalt Shiner vermutet, dass Hunderte andere Fälle nie ans Licht kommen würden.

Die britische Regierung und das Militär stehen bereits wegen massiver Foltervorwürfe unter Druck. In London läuft derzeit eine Gerichtsuntersuchung, bei der die Verhörpraktiken der Briten und der Tod des Irakers Baha Mousa untersucht werden. Dieser war 2003 in britischer Gefangenschaft zu Tode geprügelt worden.

Die Briten waren im Frühjahr 2003 an der Seite der USA in den Irak einmarschiert. Insgesamt waren 120.000 britische Besatzungstruppen dort stationiert gewesen. Die Soldaten wurden im Sommer 2009 komplett aus dem Irak zurückgezogen.


Solidarische Bildungsstreiks: Studierende protestieren im Schulterschluss mit Arbeitnehmern

(13.11.2009/dpa/hg)

Immer mehr Studierende protestieren in ganz Deutschland gegen Missstände im Bildungssystem und suchen dabei auch den Schulterschluss mit den Gewerkschaften. In 20 Städten hielten die Hochschüler am Donnerstag Hörsäle besetzt, teilweise kam es zu Auseinandersetzungen mit den Unirektoren.

Die Studierenden fordern eine grundlegende Reform des gesamten Bildungswesens. Sie treten ein für ein selbstbestimmtes Lernen statt starrem Zeitrahmen, Leistungs- und Konkurrenzdruck. Studien-, Ausbildungs- und Kitagebühren sollen abgeschafft werden, damit ein freier Bildungszugang möglich wird.

Durch die öffentliche Finanzierung des Bildungssystems wollen sie den Einfluss der Wirtschaft auf Lehrinhalte, Studienstrukturen und Stellenvergabe zurückdrängen.

Zu den Kernforderungen der Studierenden gehört die Demokratisierung und Stärkung der Mit- und Selbstverwaltung in allen Bildungseinrichtungen.

Mehr als die studentischen Protestbewegungen der vergangen Jahre zeigen sich die heutigen Aktivisten solidarisch mit den Arbeitskämpfen der abhängig Beschäftigten.

Als die Reinigungskräfte mit einem zweiwöchigen Streik ca. 6 Prozent mehr Lohn und den Einstieg in die betriebliche Altersvorsorge erkämpften, wurden sie von den Studierenden dabei tatkräftig unterstützt. Im Gegenzug kündigten Funktionäre der IG Bau an, den Hochschülern bei ihrem Kampf um bessere Studienbedingungen zur Seite zu stehen.

Die Hochschulrektoren zeigen sich zum Teil weniger solidarisch. In Tübingen ließ der Rektor von einer Hundertschaft der Polizei den seit einer Woche blockierten größten Hörsaal räumen. An der Universität Duisburg-Essen setzte das Rektorat, das die Proteste bislang duldete, den Besetzern eine Frist bis Freitagabend.

In Münster planten Studierende, einen Hörsaal zu belegen, um ein Forum für Diskussionen zu schaffen. Vor einer Woche hatte die Universität dort das Audimax nach zweitägiger Besetzung von der Polizei räumen lassen und Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattet.

Auch in Bielefeld, Heidelberg, Mainz, Dresden, Potsdam, Würzburg und Coburg hielten Studierende Räume in den Universitäten besetzt.

Am 17. November wollen die Studierenden einen Protesttag an hundert Hochschulen organisieren. Die Bewegung der Studierenden hatte vor rund drei Wochen in Wien begonnen und breitet sich seit gut einer Woche auch in Deutschland aus.


Afganistan-Krieg: Mehr deutsche Kampftruppen

(13.11.2009/dpa/hg)

Im Januar werden die Kampftruppen der Bundeswehr in Afghanistan um eine Kompanie mit 120 Soldaten verstärkt. Das kündigte der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg bei seinem ersten Truppenbesuch in der nordafghanischen Provinz Kundus am Freitag an.

Die zusätzliche Kompanie trifft auf 450 bereits dort stationierte Kampftruppen der Bundeswehr. Insgesamt sind im „Wiederaufbauteam“ in Kundus derzeit rund 1100 Soldaten stationiert, davon 1000 Deutsche und 100 Belgier.

Guttenberg war am Freitagmorgen zu einem aus Sicherheitsgründen nicht angekündigten Besuch in Kundus eingetroffen. Der Minister wollte sich ein Bild von der Lage in der Region machen, wo am 4. September auf Befehl des deutschen Obersts Georg Klein zwei von den Taliban gekaperte Tanklastwagen bombardiert wurden. Bei dem Massaker kamen nach Angaben der NATO bis zu 142 Menschen ums Leben, darunter auch viele Zivilisten.

Guttenberg war am Donnerstag zu seinem ersten Besuch nach Afghanistan gereist. Der erste Besuch des neuen Verteidigungsministers in Afghanistan fand unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt. Als Guttenbergs Hubschrauber in Kundus landete, wurde eine Drohne – ein unbemanntes Flugzeug – zur Überwachung der Gegend gestartet.

Unterdessen hat der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) Zweifel am Sinn des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan geäußert. „Dieser Krieg dauert schon acht Jahre – länger, als die beiden Weltkriege gedauert haben“, sagte Schmidt dem „Hamburger Abendblatt“ in seiner Freitagsausgabe. Er habe Zweifel, „ob die Intervention insgesamt zu einem akzeptablen Ergebnis führt“.


Bomben statt Milch: Afghanistans Kinder hungern weltweit am meisten

(11.11.2009/dpa/hg) Auch acht Jahre nach Beginn des internationalen „Engagements“ in Afghanistan leidet mehr als die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren dort weiterhin an Unterernährung. 59 Prozent aller Kinder im Alter unter fünf Jahren bekommen nicht ausreichend zu essen. Das geht aus einem UNICEF-Bericht hervor, der am Mittwoch in New York veröffentlicht wurde.

Demnach ist Afghanistan weltweit am stärksten von Unterernährung bei Kindern betroffen. Unter allen Ländern ist in Afghanistan der Anteil der unterernährten Kinder prozentual am größten. In absoluten Zahlen führt immer noch das wirtschaftlich aufstrebende Indien die Statistik mit 61 Millionen unterernährten Kindern an.

Die Versorgung der afghanischen Kinder sei nur wenig besser geworden, sagte der Südasien- Direktor des UN-Kinderhilfswerks UNICEF, Daniel Toole, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa in Neu Delhi.

Das Bildungsniveau sei in dem seit drei Jahrzehnten umkämpften Land niedrig, die Gesundheitsversorgung unzureichend und die ländlichen Gegenden meist unterentwickelt.

Unterdessen hat US-Präsident Barack Obama einem Bericht des US-Senders CBS vom Montag zufolge entschieden, Zehntausende zusätzliche Soldaten nach Afghanistan zu schicken. Auch Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) schließt die Entsendung weiterer deutscher Truppen in das bitterarme Land nicht aus.


Hohe Haftstrafe für Mord an Marwa El-Sherbini

(11.11.2009/dpa/hg)

Alex W. ist wegen Mordes an der Ägypterin Marwa El-Sherbini am Mittwoch vom Landgericht Dresden zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Da das Gericht die besondere Schwere der Schuld feststellte, kann der Verurteilte nicht mit einer vorzeitigen Haftentlassung nach 15 Jahren rechnen.

Der 28 Jahre alte Mann hatte am 1. Juli die schwangere Ägypterin im Dresdner Landgericht erstochen und ihren Mann Elwy Ali Okaz schwer verletzt. Der dreijährige Sohn der Ermordeten musste der Bluttat zusehen.

Das Verbrechen an Marwa El-Sherbini geschah während eines Berufungsprozesses wegen Beleidigung. Der arbeitslose Spätaussiedler Alex W. hatte die 31-jährige Ägypterin im August 2008 wegen ihres Kopftuchs als „Islamistin“ und Terroristin beschimpft.

Das rassistische Verbrechen hatte in der ganzen Welt Bestürzung ausgelöst und in der arabischen Welt zu Protesten geführt.

Das Dresdner Landgericht folgte mit dem Urteil den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger, die dem Angeklagten Fremdenhass vorgeworfen hatten. Die Verteidigung hatte dagegen auf Totschlag und versuchten Totschlag im Affekt plädiert.

Alex W. muss auch für alle Schäden in Folge des Messerangriffs aufkommen. Richterin Birgit Wiegand sagte am Mittwoch im Dresdner Landgericht, er müsse den Eltern, dem Witwer, dem Bruder und dem dreijährigen Sohn der getöteten Ägypterin „alle materiellen und immateriellen Schäden ersetzen“.


Demokratischer Aufbruch: NRW-Linke fordert radikalen Politikwechsel

(09.11.2009/dpa/hg)

Die Energiekonzerne E.ON und RWE sollen vergesellschaftet, die Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich auf 30 Stunden in der Woche verringert werden und in Not geratene Unternehmen nur dann noch Geld aus der Landeskasse erhalten, wenn die Beschäftigten im Gegenzug mehr Mitbestimmungsrechte bekommen.

Mit diesen demokratischen Kernforderungen leitete die Linke in Nordrhein-Westfalen am Wochenende auf ihrem Parteitag in Hamm den Wahlkampf ein. Am 9. Mai 2010 wird in NRW der Landtag gewählt.

Linken-Landeschef Wolfgang Zimmermann betonte, dass seine Partei „nicht um jeden Preis“ regieren wolle. „Wir wollen nicht nur Schwarz-Gelb ablösen, wir wollen einen grundlegenden Politikwechsel.“

Unterstützung erhielt er dabei von Oskar Lafontaine. Zum Auftakt des Parteitags stellte sich der Chef der Bundespartei ausdrücklich hinter die Forderung des NRW-Landesverbandes, die Strom- und Gasnetze von E.ON und RWE zu verstaatlichen.

Zentrales Projekt der Linkspartei sei die Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse, die der Kapitalismus zerstört habe, fasste die junge Welt am Montag die Kernaussage von Lafontaines Rede zusammen.

In scharfer Abgrenzung zu SPD und Grünen nannte Lafontaine die Linke außerdem „die einzige Anti-Kriegs-Partei in Deutschland“.


Bahn-Chef: Stuttgart 21 viel teurer als bisher kalkuliert

(09.11.2009/dpa/hg)

Der Vorstandschef der Deutschen Bahn AG hat am Montag erstmals eingeräumt, dass das von der Bevölkerung mehrheitlich abgelehnte Bahnprojekt Stuttgart 21 wesentlich teurer wird als bisher angegeben.

„Wir werden in der Tat nicht mit 3,076 Milliarden Euro auskommen“, sagte Rüdiger Grube der „Stuttgarter Zeitung“. Konkrete Zahlen wollte er nicht nennen, doch gab er eine Obergrenze an: „Für mich liegt die Sollbruchstelle bei 4,5 Milliarden.“

In der aktualisierten Kostenberechnung für das Projekt Stuttgart 21, das den Umbau des heutigen Hauptbahnhofs in einen unterirdischen Tiefbahnhof sowie dessen Anschluss an die geplante ICE-Trasse nach Ulm umfasst, sollen laut Grube sämtliche Preissteigerungen sowie ein ausreichender finanzieller Preispuffer enthalten sein.

Kritiker des Großprojekts hatten von Anfang an bemängelt, dass die von der Bahn vorgelegten Kalkulationen nicht stimmen und die wirklichen Kosten gigantische Ausmaße annehmen würden.

Die von Grube eingeräumten Zahlen sind Wasser auf die Mühlen der Gegner des Großprojekts. Nach einer Umfrage der Stuttgarter Nachrichten vom November 2008 waren 64 % der Stadtbevölkerung gegen die Baumaßnahmen.

Seitdem gab es zahlreiche Protestaktionen, die unter Beteiligung des Verkehrsclub Deutschland, Pro Bahn, der Initiative Leben in Stuttgart und dem Ortsverband der Grünen organisiert wurden.

Der Antrag für die Zulassung eines Bürgerbegehrens erhielt 61.193 Stimmen. Notwendig wären nur 20.000 gewesen. Doch wurde der Antrag zunächst vom Gemeinderat , dann vom Regierungspräsidium und schließlich vom Verwaltungsgericht Stuttgart als nicht zulässig abgeschmettert. Im August 2009 verzichteten die Stuttgart-21-Gegner auf den weiteren Rechtsweg.


Tanklastwagen-Massaker: Verdacht auf Kriegsverbrechen

(06.11.2009/dpa/hg)

Im Fall des von Oberst Georg Klein befohlenen Luftangriffs auf zwei Tanklastwagen in Afghanistan, bei dem am 04. September bis zu 142 Menschen ums Leben kamen, soll sich künftig die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit den strafrechtlichen Konsequenzen befassen.

So will es jedenfalls die Dresdner Generalstaatsanwaltschaft, die den Fall am Freitag an die oberste deutsche Ermittlungsbehörde abgegeben hat.

Die Dresdner Ermittler schließen nicht aus, dass sich in Afghanistan derzeit ein bewaffneter Konflikt im Sinne des Völkerstrafgesetzbuches ereignet.

Nach Ansicht des Göttinger Strafrechtsprofessors Kai Ambos handelt es sich um den ersten Fall, „in dem möglicherweise ein Kriegsverbrechen eines bundesdeutschen Soldaten gegeben ist“, erläuterte der Jurist, der selbst an der Entstehung des seit 2002 geltenden Völkerstrafgesetzbuchs beteiligt war.

Bislang hat sich dieses Gesetz freilich als zahnloser Tiger erwiesen. Es ist noch nie angewendet worden.

Auch für den deutschen Oberst Klein stehen die Chancen gut, straflos davon zu kommen.

Denn unter den Kriterien des Völkerstrafrechts erscheinen seine Handlungen in einem milderen Licht, als unter denen des deutschen Rechts.

Nun komm es nicht mehr so darauf an, ob sich der deutsche Oberst an die geltenden ISAF-Einsatzregeln gehalten habe oder nicht, erläuterte Völkerrechtsexperte Ambos am Freitag gegenüber dpa..

Die Annahme eines bewaffneten Konflikts habe für das Militär den Vorteil, dass es Dinge tun dürfe, die im Frieden untersagt seien.

Entscheidend für eine Strafbarkeit ist aus Sicht des Professors, ob der Angriff mit bis zu 142 Toten unverhältnismäßig viele zivile Opfer gefordert habe.

Maßgeblich dafür sei die Abwägung mit dem „konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil“ – und zwar aus der Perspektive zum Zeitpunkt der Erteilung des Befehls, nicht etwa aus der Rückschau.

Nach der Einschätzung des Völkerrechtsexperten mag es durchaus Argumente dafür geben, dass Oberst Klein beim Angriff auf den von Taliban begleiteten Tanklaster einen solchen Vorteil erwarten durfte.

Ob die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernimmt, ist aber noch nicht entschieden. Generell muss sie sich dem Schritt der Dresdner Generalstaatsanwaltschaft nämlich nicht beugen.

„Nach vorläufiger Bewertung der Erkenntnisse aus allgemein zugänglichen Quellen ergeben sich bisher keine tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat deutscher Soldaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch“, gab die Behörde bekannt. Allerdings werde die Auswertung der umfangreichen Unterlagen einige Zeit in Anspruch nehmen.


Italien: CIA-Entführer zu Freiheitsstrafen verurteilt

(06.11.2009/dpa/hg)

Wegen der Entführung des ägyptischen Geistlichen Abu Omar sind in Italien am Mittwoch mehr als 20 CIA-Agenten in Abwesenheit zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden.

Das von dem Mailänder Richter Oscar Magi verkündete Urteil ist das erste zu dem illegalen CIA-Programm zur „außerordentlichen Überstellung“ von „Terrorverdächtigen“.

Der Imam einer Mailänder Moschee war im Jahr 2003 bei helllichtem Tag und auf offener Straße gekidnappt worden.

Das Gericht in Mailand befand zum Abschluss des zweieinhalbjährigen Prozesses insgesamt 22 CIA-Agenten, einen weiteren US-Bürger, sowie zwei italienische Geheimdienstmitarbeiter für schuldig, den Kleriker entführt und nach Ägypten verschleppt zu haben, wo er gefoltert und vier Jahre lang festgehalten worden war.

Weil der entführte Geistliche über den US-Luftwaffenstützpunkt in Deutschland nach Ägypten geflogen worden war, ermittelten seinerzeit auch deutsche Staatsanwälte. Die deutschen Juristen bewiesen damals aber deutlich weniger Traute als ihre italienischen Kollegen.

Der ehemalige Chef des italienischen Militärgeheimdienstes (Sismi), Nicolò Pollari, sowie drei weitere CIA-Agenten mit diplomatischer Immunität blieben am Ende des zweieinhalb Jahre dauernden Prozesses aus Gründen der staatlichen Geheimhaltung straffrei.

Die Verurteilten müssen den früheren Imam, der bis heute schwer unter den körperlichen und psychischen Folgen seiner Misshandlungen leidet, laut Richterspruch mit einer Million Euro entschädigen.

Die Mailänder Staatsanwaltschaft hatte im Jahr 2007 einen Auslieferungsantrag für 26 mit Haftbefehl gesuchte US-Bürger gestellt.

Die Regierung in Rom hatte es aber abgelehnt, diesen weiterzuleiten. Zur Begründung hieß es, die staatliche Geheimhaltung zwischen der amerikanischen Regierung und Rom müsse geschützt werden.

Berlusconi, zum Zeitpunkt der Entführung Ministerpräsident, hatte erklärt, seine Regierung habe von allem nichts gewusst. Auch Geheimdienstchef Pollari wusch seine Hände in Unschuld: Er habe keine Kenntnis von der illegalen CIA-Operation gehabt.

Für Abu Omar ist mit Pollari die „wirkliche Nummer eins in der Sache“ ungeschoren geblieben. Gegenüber der Zeitung „La Stampa“ kündigte er an, deshalb in Berufung gehen zu wollen, denn „Pollari wusste genau, was mir da geschehen ist“.

Die US-Regierung wies die Verurteilung unterdessen zurück. „Wir sind enttäuscht“, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums am Mittwoch. Seine Regierung erwarte, dass gegen das Urteil Berufung eingelegt wird. Zu Einzelheiten wollte er sich jedoch nicht äußern.

Die CIA-Verbrecher müssen ohnehin nicht damit rechnen, ihre Strafen in Italien tatsächlich abzusitzen. Nach Informationen der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ (06.11.2009) rechnet man in Rom allgemein damit, dass die Regierung Berlusconi zur Vermeidung von Spannungen mit den USA keinen Auslieferungsantrag stellen wird.

Italiens Außenminister Franco Frattini sagte, er glaube nicht, dass die Agenten ins Gefängnis kommen. Außerdem ist sehr fraglich, ob Abu Omar von seinen Entführern jemals die Entschädigung erhalten wird, die ihm der Richter zugesprochen hat.


Gescheiterter Opel-Verkauf: Warnstreiks angekündigt

(04.11.2009/dpa/hg)

Nachdem der US- Autobauer General Motors (GM) am Dienstagabend (Ortszeit) in Detroit den Verkauf seiner deutschen Tochter Opel völlig überraschend offiziell abgeblasen hat, zeigt sich Bundeskanzlerin Angela Merkel verärgert. Sie will nun mit US-Präsident Barack Obama über das weitere Vorgehen sprechen.
Betriebsräte und Gewerkschaften haben die Opel-Mitarbeiter unterdessen von diesem Donnerstag an zu Warnstreiks aufgerufen.

Die Bundesregierung fordert, dass GM rasch sein neues Konzept vorlegt und klarmacht, wie der deutsche Autobauer unter dem Dach des amerikanischen Konzerns saniert werden soll.

Regierungssprecher Ulrich Wilhelm zeigte sich verwundert über das Vorgehen von GM, Opel nach monatelangen Verhandlungen nun doch nicht zu verkaufen und in Eigenregie zu sanieren. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) nannte das Verhalten sogar „völlig inakzeptabel“.

Ob Opel angesichts des fehlgeschlagenen Verkaufs an den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna und dessen russische Partner weitere Staatshilfen erhalten wird, ist völlig offen.

Die Bundesregierung verwies am Mittwoch in Berlin darauf, dass GM offenbar stark genug sei, um künftig selbst für Opel zu sorgen. Sie forderte die Rückzahlung des Brückenkredits von bis zu 1,5 Milliarden Euro bis Ende November.

Deutschland hatte Staatshilfen von bis zu 4,5 Milliarden Euro für „New Opel“ mit europaweit 50. 000 Beschäftigten und rund 25. 500 Mitarbeitern in den vier deutschen Opel-Werken zugesichert.

Merkel war erst kurz vor ihrem Rückflug aus Washington am Dienstag über die Kehrtwende von GM in Sachen Opel informiert worden.

Nach Informationen der Bundesregierung hat es keine Hinweise gegeben, dass die US-Regierung und Präsident Obama unmittelbar mit der Entscheidung des GM-Gremiums befasst waren.

GM befindet sich nach dem Ende des Insolvenzverfahrens im Sommer mehrheitlich in Staatsbesitz. Kritik kam aus den Bundesländern mit Opel-Werken.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) kritisierte: „Dieses Verhalten von General Motors zeigt das hässliche Gesicht des Turbokapitalismus.“ Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) rügte: „Die Entscheidung ist eine Zumutung für die Beschäftigten von Opel, die unvorstellbaren Belastungen ausgesetzt sind.“

Die Ministerpräsidenten der Länder mit Opel-Niederlassungen wollen am kommenden Freitag gemeinsam mit der Bundesregierung über ihr weiteres Vorgehen bei der Rettung von Opel beraten. Das hat Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) am Mittwoch mitgeteilt. Das Treffen werde am Rande der Bundesratssitzung stattfinden.

Beobachter in Europa trauen GM nicht zu, die Opel-Sanierung finanziell stemmen zu können. Armin Schild, Frankfurter IG-Metall- Bezirksvorsitzender und Opel-Aufsichtsratsmitglied, hatte kürzlich davor gewarnt, dass Opel unter dem Dach von GM die Pleite drohe.

Aus Protest gegen den abgesagten Verkauf von Opel rufen Betriebsräte und Gewerkschaften die Opel-Mitarbeiter von diesem Donnerstag an zu Warnstreiks auf. „Die Veranstaltungen beginnen in Deutschland und werden sich auf ganz Europa ausdehnen“, sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz am Mittwoch der dpa.
Linke- Fraktionschef Gregor Gysi warf der alten und neuen Bundesregierung Versagen vor. Der Verband Junger Unternehmer dagegen sprach von einem guten Tag für die deutschen Steuerzahler.

Für die ohnehin am Boden liegende russische Autoindustrie ist der Verzicht der Opel-Konzernmutter General Motors (GM) auf den Verkauf der deutschen Tochter ein neuer Tiefschlag. Der Absatz ist im Jahresvergleich um mehr als 50 Prozent eingebrochen. Avtovaz und der Gaz-Konzern, der als Opel-Partner im Gespräch gewesen war, haben Tausende Mitarbeiter entlassen.


EU-Vertrag: Freie Bahn für undemokratisches Regelwerk

(04.11.2009/dpa/hg)

Nachdem der EU-kritische tschechische Präsident Vaclav Klaus am Dienstag als letztes Staatsoberhaupt der EU den Lissabon-Vertrag unterschrieben hat, wird das Regelwerk am 1. Dezember 2009 europaweit in Kraft treten.

Klaus unterzeichnete nur wenige Stunden nachdem das tschechische Verfassungsgericht den Vertrag einstimmig für vereinbar mit tschechischem Recht erklärt hatte. Die Klage war von einer Gruppe von 17 EU-kritischen Senatsabgeordneten eingereicht worden.

Klaus hatte seine Unterschrift zum Schluss nur noch von der Entscheidung des Gerichts abhängig gemacht. Zuvor setzte er für Tschechien ein Aussetzen der EU- Grundrechtecharta durch, um sein Land vor Rückgabeforderungen von deutschen Vertriebenen zu schützen.

Der EU-Vertrag „verlängert die Wirtschaftskrise, fördert Aufrüstung und schwächt die Demokratie“, sagte Alexander Ulrich, Obmann der Fraktion Die Linke im Ausschuss für EU-Angelegenheiten.

Die „Linke“ bleibe die einzige Kraft in Deutschland, die eine soziale, friedliche und demokratische Verfassung für Europa will.

Die arbeitnehmerfeindlichen Urteile des Europäischen Gerichtshofs zu Laval, Viking, Rüffert und Luxemburg seien der Beweis, dass Europa eine andere vertragliche Grundlage brauche, betonte Ulrich.


Tankwagenmassaker in Afghanistan: Zu Guttenberg gerät in Bedrängnis

(02.11.2009/dpa/hg)

Die SPD hat Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) aufgefordert, zum NATO-Bericht über mögliche Fehler des deutschen Oberst Georg Klein beim Luftangriff auf zwei Tanklastwagen in Afghanistan Stellung zu nehmen.

Auf Anordnung des ISAF-Kommandeurs Klein waren die von Aufständischen entführten Fahrzeuge am 04. September bombardiert worden. Dabei sind nach afghanischen Angaben etwa 100 Menschen getötet worden. Darunter auch Kinder.

Nach Informationen des „Spiegel“ zeigt der NATO-Bericht klare Fehler in der deutschen Operationsführung auf. Klein habe sich nicht an die Einsatzregeln gehalten.

Klein habe die Luftunterstützung mit der Begründung angefordert, seine Truppen hätten Feindberührung. Dabei befanden sich in der Nähe der Tankwagen gar keine ISAF-Soldaten. Klein habe es außerdem abgelehnt, die F-15-Jagdbomber zur Warnung für die um die Fahrzeuge versammelten Menschen zunächst nur im Tiefflug über die entführten Tanklaster hinwegfliegen zu lassen.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan, hatte dagegen nach einer ersten Auswertung der NATO- Untersuchung gesagt, er habe keinen Grund daran zu zweifeln, dass Oberst Klein und die deutschen Soldaten militärisch angemessen gehandelt haben.

Dem „Spiegel“ zufolge hat die Bundesregierung die NATO gedrängt, sich in dem Untersuchungsbericht mit einer Beurteilung zurückzuhalten.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Montag: „Ich habe insgesamt den Eindruck, es soll nach wie vor abgewiegelt werden.“ Aus dem verständlichen Versuch, Klein in Schutz zu nehmen, dürfe nicht resultieren, dass man Fehler nicht offen benenne, betonte Arnold.

SPD und Grüne fordern eine schnelle Einsicht in den geheim gehaltenen Bericht. „Das Parlament muss zeitnah und ohne Verzögerung unterrichtet werden“, sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin dem „Tagesspiegel“ in seiner Montagsausgabe.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte der dpa am Sonntag, damit sei Anfang der Woche zu rechnen.

Die in englischer Sprache verfasste NATO-Studie solle zunächst übersetzt werden. Die deutsche Fassung könnten die Fraktionsspitzen dann in der Geheimschutzstelle des Bundestags einsehen, hatte das Verteidigungsministerium mitgeteilt.

Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels sowie Grünen-Fraktionschef Trittin forderten, den Originalbericht unverzüglich einzusehen. „Eine solche rührende Fürsorge des Ministeriums brauchen die Fraktionschefs nicht“, sagte Bartels mit Blick auf die angekündigte Übersetzung.

Unterdessen prüft die sächsische Generalstaatsanwaltschaft , ob gegen Oberst Georg Klein ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet werden muss.


Aus für CIT: US-Finanzriese hat Insolvenz beantragt

(02.11.2009/dpa/hg)

Der für die US-Wirtschaft enorm wichtige Mittelstandsfinanzierer CIT hat am Sonntag in New York Insolvenz beantragt. Es handelt sich um die größte Pleite eines US-Finanzhauses seit dem Aus der Investmentbank Lehman Brothers vor einem Jahr .

Das Finanzunternehmen versorgt etwa eine Million US-Unternehmen mit Krediten und finanziert den Bau von Flugzeugen und Güterwaggons.

CIT war durch die Finanzkrise und Managementfehler in Schwierigkeiten geraten.

In der Nacht zum Freitag hatten die CIT-Gläubiger ein Angebot zur Umschuldung abgelehnt und befürworteten stattdessen den schon vorbereiteten Plan zur geordneten Insolvenz.

Überraschend einigte sich CIT mit dem US-Investor Carl Icahn auf eine Milliardengarantie samt Rettungsplan. Zuvor hatte CIT alle Angebote des Milliardärs scharf zurückgewiesen

Icahn will CIT eine Milliarde Dollar (678 Mio Euro) bereit stellen, um den Weiterbetrieb des Unternehmens während der Neustrukturierung sicherzustellen. CIT will binnen zwei Monaten wieder aus dem Insolvenzverfahren heraus sein.


Karsai-Bruder im Sold der CIA. Paramilitärische Einheit aufgebaut

(28.10.2009/dpa/hg)

Ahmed Wali Karsai, der Bruder des afghanischen Präsidenten Hamid Karsei, steht seit acht Jahren auf der Gehaltsliste des US-Geheimdienstes CIA. Das berichtete die „New York Times“ in ihrer Mittwochsausgabe.

Er habe dabei geholfen, in der südafghanischen Region Kandahar eine paramilitärische Einheit zusammenzustellen, die unter CIA-Regie operiere und er soll den US-Kräften darüber hinaus Zugang zu Immobilien verschafft haben.

Bisher hatte Ahmed Wali Karsai vor allem durch seine Verstrickung in den Drogenhandel Schlagzeilen gemacht. Der jüngere Bruder des afghanischen Präsidenten streite den Vorwurf des Drogenhandels und den Erhalt von CIA-Geldern ab, räume aber ein, mit den Amerikanern zusammenzuarbeiten, heißt es in der New York Times.


Studierendenproteste in Österreich

(28.10.2009/dpa/hg)

Seit einer Woche halten mehrere hundert Studierende den größten Hörsaal der Universität Wien besetzt. Nun weiten die Hochschüler ihre die Proteste auf die Universitäten in Klagenfurt, Linz und Graz aus.

Die Studierenden verlangen eine grundlegende Überarbeitung des neu eingeführten Bachelor-Master-Systems, das sich zu sehr auf eine Berufsausbildung und zu wenig auf die wissenschaftliche Lehre konzentriere.

Sie fordern ausreichend Geld für Forschung und Bildung, mehr Lehrpersonal, mehr Mitbestimmung sowie eine 50-Prozent-Frauenquote für das gesamte Uni- Personal.

Die Regierung plant Studiengebühren und Zulassungsbeschränkungen einzuführen, um den Ansturm von „Numerus-Clausus- Flüchtlingen“ aus Deutschland zu stoppen. Das wollen die Studierenden in Österreich um jeden Preis verhindern.

Für Mittwoch und Donnerstag sind Demonstrationen und Protestaktionen im ganzen Land angekündigt.


Israel: Waffenlieferung für mehrere hundert Millionen Euro auf Kosten Deutschlands?

(26.10.2009/dpa/hg)

Israel will nach einem Zeitungsbericht der Hannoversche Allgemeine Zeitung zwei deutsche Kriegsschiffe bestellen und dafür möglichst nichts zahlen. Unter Berufung auf Regierungskreise in Berlin berichtet die das Blatt am Freitag (23.10.), Israel hoffe auf eine komplette Finanzierung der beiden modernen Korvetten durch den deutschen Staat. Es handele sich um einen dreistelligen Millionenbetrag. Der Auftrag für die Schiffe, die für Radaranlagen schwer erkennbar sein sollen, würde an die Hamburger Werft Blohm + Voss gehen, hieß es. Israel wolle aber nur die Schiffe in Deutschland bestellen, die Waffensysteme sollen aus den USA kommen. Gedacht sei an die Installation eines Raketenabwehrsystems auf See. (1)

An Bord der Korvetten sollen große, leistungsstarke Radaranlagen und neue Flugabwehrraketen installiert werden. Die Israelis hätten zu erkennen gegeben, dass sie sich mit den Korvetten gegen Raketen aus Iran wehren möchten.

Die deutsche Marine stellt derzeit fünf vergleichbare, etwas kleinere Korvetten in Dienst. Sie wurden von Thyssen Krupp und anderen Werften gebaut und haben jeweils 200 Millionen Euro gekostet. Die deutschen Korvetten sind gut 90 Meter lang und haben eine Besatzung von 58 Soldaten an Bord. Die Kriegsschiffe vom Typ MEKO zeichnen sich durch eine extrem lange Einsatzzeit auf See aus, können aber auch in Küstengewässern wirksam eingesetzt werden. (2)

Die israelische Marine ist bereits mehrfach mit deutscher Hilfe aufgerüstet worden. Zwischen 1999 und 2000 wurden drei U-Boote geliefert. Sie wurden von den Howaldtswerken Deutsche Werft (HDW) in Kiel gebaut. Zwei weitere U-Boote mit Brennstoffzellenantrieb sind derzeit in Kiel im Bau. Sie werden voraussichtlich 2012 ausgeliefert und jeweils mindestens 500 Millionen Euro kosten. In diesem Fall soll die Bundesregierung ein Drittel der Kosten tragen.

Die Darstellung Israels, zwei Korvetten gänzlich aus Mitteln des Bundes finanziert zu bekommen, wurde am Freitag aus Kreisen der Bundesregierung jedoch zurückgewiesen. Dieses Geschäft sei in Berlin nicht bekannt. (3) Demgegenüber berichtet die Welt: „’Einflussreiche Politiker aus Norddeutschland’ hätten angesichts von Wirtschaftskrise und Auftragsmangel das Anliegen aber befürwortet.“ (4)

1) dpa 23.10.2009
2) http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,656857,00.html
3) dpa 23.10.2009
4) http://www.welt.de/politik/ausland/article4944916/Israel-will-kostenlos-deutsche-Kriegsschiffe.html


Obama erklärt Schweinegrippe zu nationalem Notstand

(26.10.2009/dpa/hg)

Während in Deutschland Risiken und Kosten der Schweinegrippe-Impfung kritisch diskutiert werden und die Impfbereitschaft in der Bevölkerung mehr und mehr schwindet, drückt US-Präsident Obama im „Kampf gegen die grassierende Schweinegrippe“ aufs Tempo und hat die Krankheit zum nationalen Notstand erklärt. Durch den Schritt könnten die Gesundheitsbehörden bei einem möglichen Ansturm von Patienten „Regularien“ umgehen, teilte das Weiße Haus am Samstag in Washington mit. Mit Panikmache soll die Angst vor dem Erreger geschürt werden. So berichten die US-Medien, in den USA seien mittlerweile mehr als tausend Menschen an den Folgen einer Infektion mit dem H1N1-Virus gestorben, darunter viele Kinder. 20.000 Menschen mussten wegen einer Schweinegrippe-Erkrankung ins Krankenhaus.

Obama unterschrieb eine entsprechende Verordnung in der Nacht zum Sonnabend. „Grundlage unserer nationalen Antwort auf die H1N1-Grippe ist, auf allen Ebenen vorbereitet zu sein – persönlich, in Unternehmen und in der Regierung“, hieß es aus dem Weißen Haus.

Die Auslieferung des Impfstoffes läuft in den USA bisher äußerst schleppend: 250 Millionen Dosen hat die US-Regierung bestellt. 120 Millionen sollten gegen Ende Oktober bereits zur Verfügung stehen. Doch nun haben die Behörden ihre Prognosen heruntergeschraubt: Anfang November werden wahrscheinlich maximal 40 Millionen Dosen ausgeliefert sein. Nach Medienberichten sind an vielen Orten in den USA geplante Massen-Impfungen in Schulen, Krankenhäusern, Kirchen und auch Supermärkten verschoben worden. Dort, wo sie vorgenommen werden, bilden sich oft lange Schlangen. Arztzentren wie beispielsweise in New York berichten über eine Flut von Anrufen besorgter Bürger. Eine ähnlich kritische Debatte wie in Deutschland wird in den USA nicht geführt, die Rolle der Pharmaindustrie als Profiteur einer fragwürdigen Aktion allenfalls in Internetforen diskutiert.

Ähnlich wie in Deutschland schüren die Behörden Angst, indem sie vor eventuellen weiteren „Grippewellen“ warnen. „Wir erwarten, dass die Krankheit in Wellen auftritt, wir können aber nicht voraussagen, wann diese Wellen auftreten“, so der Chef der US-Seuchenbehörde CDC, Thomas Frieden. Den Angaben zufolge wurden bislang rund 60 Millionen US-Amerikaner gegen das Virus geimpft.


NATO-Treffen in der Slowakei: Keine konkreten Beschlüsse zu Afghanistan

(23.10.2009/dpa/hg)

Die NATO-Staaten gehen vor einer eventuellen Entsendung weiterer Soldaten nach Afghanistan vorerst in Warteposition. Die Verteidigungsminister des Bündnisses einigten sich am Freitag in Bratislava nicht auf eine Verstärkung der von der NATO geführten und derzeit 71.500 Soldaten zählenden „Afghanistan- Schutztruppe“ ISAF. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung teilte in Bratislava mit, Berlin wolle im Dezember in einem neuen Afghanistan-Mandat des Bundestages an der bisherigen Obergrenze von maximal 4.500 deutschen Soldaten festhalten.

„Wir haben nicht über konkrete Zahlen gesprochen“, sagte NATO- Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in der slowakischen Hauptstadt. Es habe aber „breite Übereinstimmung“ über die wesentlichen Punkte eines Berichtes des ISAF-Oberkommandeurs, US-General Stanley McChrystal, gegeben. Über dessen Forderung nach 40.000 zusätzlichen Soldaten sei allerdings nicht gesprochen worden. „Es gab große Unterstützung aller Minister für den Bericht, ohne über die Auswirkungen auf die Ressourcen zu sprechen“, formulierte Rasmussen.

Jung hatte gesagt, Deutschland wolle die internationale Afghanistan-Konferenz abwarten, die von Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeschlagen wurde. Sie wird vermutlich erst Anfang kommenden Jahres stattfinden. Andere Minister sagten nach Angaben von NATO-Diplomaten, sie wollten mit Entscheidungen warten, bis die künftige Regierung Afghanistans feststehe und bis auch US-Präsident Barack Obama entschieden habe, ob er zusätzliche Soldaten entsenden werde. Die USA stellen derzeit 35.000 Soldaten in der ISAF und haben weitere 30.000 unter eigenem Kommando in Afghanistan stationiert.

Die Minister seien sich auch bewusst, dass Investitionen nötig seien, um bei der Verantwortung für die Sicherheit einen Übergang von den internationalen Truppen zur Armee und Polizei Afghanistans zu schaffen. „Dazu werden wir auch Ressourcen brauchen, Menschen und Geld.“ Darüber habe es jedoch keine vertiefte Diskussion gegeben. Rasmussen betonte, es seien erhebliche Anstrengungen nötig, falls – wie von McChrystal vorgeschlagen -tatsächlich 240 000 afghanische Soldaten und 160 000 Polizisten ausgebildet werden sollten. Das sind knapp doppelt so viele wie bisher geplant. Es sei 50 mal teurer, einen ausländischen Soldaten in Afghanistan einzusetzen als einen afghanischen, mahnte Rasmussen.

Der afghanische Verteidigungsminister Abdulrahim Wardak sagte, seine Regierung wolle bis 2013 das von McChrystal unterstützte Ziel von insgesamt 400.000 heimischen Sicherheitskräften erreicht haben. „Und in dem Maße unserer Fortschritte wird der Bedarf an internationalen Truppen sinken“, sagte er dem ZDF.

Gates erneuerte das Angebot an Russland, sich an dem von den USA und der NATO geplanten Raketenabwehrsystem in Europa zu beteiligen. „Unser neues System wäre nicht nur mit dem System unserer europäischen Verbündeten, sondern auch mit dem russischen System leichter zu verbinden als das zuvor geplante.“


Schwere allergische Reaktionen nach „Schweine“-Grippe-Impfung in Schweden

(23.10.2009/rn)

Schon am 25. August meldete die „Ärztezeitung“, dass Schweden eine Massenimpfung gegen die so genannte Schweinegrippe vorbereite. Eine Milliarde Kronen (etwa 100 Millionen Euro) sollten danach für Impfungen und andere Maßnahmen gegen die Schweinegrippe bereitgestellt werden.

Schwedens Gesundheitsministerin Maria Larsson begründete den Plan mit der "außergewöhnlichen Situation". In die Impfkampagne sollten alle etwa 9,2 Millionen Einwohner Schwedens einbezogen werden. Vorrang hätten Mitarbeiter im Gesundheitswesen und bestimmte Risiko-Gruppen wie chronisch Kranke und Schwangere.

Nun hat die Kampagne offensichtlich ihre ersten Folgen gezeitigt – starke Nebenwirkungen bei einigen der bereits Geimpften.

Wie das schwedische Boulevardblatt „Expressen“ heute meldet, gingen bereits mehr als 110 Meldungen über unerwünschte Reaktionen wie Schüttelfrost, Fieber, Kopfschmerzen bis hin zu allergischen Reaktionen bei der staatlichen Überwachungsbehörde für Arzneimittel MPA (Medical Products Agency) ein. „Das ist ein Zeichen, dass der Impfstoff einen wirksamen Schutz bietet“, erklärte Annika Linde dazu. Die 61-Jährige ist Leiterin der Abteilung für Epidemiologie beim Smittskyddsinstitutet, dem schwedischen Instituts für die Kontrolle von Infektionskrankheiten und verantwortlich für die Impfkampagne.

Über 600.000 Dosen des Schweine-Grippe-Impfstoff Pandemrix wurden bereits in die Provinzen verschickt. Tausende von Schweden haben den Impfstoff nach Angaben des „Expressen“ bereits erhalten, bei 110 Geimpften, sowohl Menschen aus Gesundheitsberufen als auch Privatpersonen, gab es Meldungen über „unerwünschte Nebenwirkungen“.

Der Impfstoff gegen die neue Influenza hat mehr Nebenwirkungen als herkömmliche Impfstoffe gegen die saisonale Influenza, das sei unbestritten und läge an den Adjuvantien, bestätigt auch Annika Linde. Allerdings erklärt sie: „Das ermöglicht auch, dass der Schutz gegen das Virus besser wird.“

Gunilla Sjölin Forsberg, Chefin der staatlichen Behörde für Arzneimittelsicherheit, berichtet auch von mehreren Fällen allergischer Reaktionen, die ihrer Behörde gemeldet wurden. Mindestens eines der Opfer musste nach ihren Aussagen mit Kortison und Antihistaminika behandelt werden, um die Impfreaktion zu mildern. Doch diese Nebenwirkungen kamen nicht unerwartet, so Gunilla Forsberg Sjölin. Die Behörde hat nun dazu aufgefordert, von den Impfärzten genauere Berichte zu erhalten, um eine bessere Einschätzung vornehmen zu können.

Quellen:

http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/schweinegrippe/article/ 562647/schweinegrippe-schweden-bereitet-massenimpfung.html
http://www.expressen.se/halsa/1.1750592/de-blev-sjuka-av-vaccinet


Terroranschlag im Iran: Sind USA und Großbritannien die Drahtzieher?

(19.09.2009/dpa/hg)

Für den verheerenden Selbstmordanschlag der sunnitischen Terrororganisation Dschundallah (Soldaten Gottes) auf die iranischen Revolutionsgarden, bei dem am Wochenende in der Provinz Sistan-Balutschistan mindestens 42 Menschen starben, sind die Geheimdienste verschiedener westlicher Staaten sehr wahrscheinlich mitverantwortlich.

Entsprechende Vorwürfe der iranischen Regierung an die Adressen Washingtons und Londons gewinnen durch Hintergrund-Recherchen (1) und frühere Berichte verschiedener westlicher Medien an Plausibilität. Bereits 2007 hatte The Sunday Telegraph aufgedeckt, dass Dschundallah ein Instrument der CIA zum Zwecke des „Regimewechsels im Iran“ ist.

Dschundallah-Terrorist Abdulhamid Rigi erklärte am 10. Juni 2009, dass sich sein Bruder Abdolmalek seit 2005 wiederholt mit Agenten von FBI und CIA in Pakistan getroffen habe.

Der Fernsehsender ABC wiederum enthüllte, dass Washington die Terrororganisation damit beauftragt habe, tödliche Guerilla-Überfälle im Iran durchzuführen, Repräsentanten des Staates zu entführen und zu exekutieren.

Die Organisation selbst bekannte sich zur Ermordung von 36 Polizeioffizieren, Sicherheitskräften und anderen Personen im Zeitraum von 2005 bis 2008.

Kurz vor den Präsidentschaftswahlen hatte sich Dschundallah zu dem Bombenanschlag am 28. Mai auf die voll besetzte Amir-al-Momenin-Moschee in der Provinz Sistan-Baluchistan bekannt, bei dem 25 Menschen starben und rund 120 verletzt wurden.

Bei dem Anschlag der von Pakistan aus agierenden Terrorgruppe auf die Revolutionsgarden sind am Wochenende allein sieben Kommandeure ums Leben gekommen. Eine große Anzahl von Menschen, darunter auch Zivilisten, sollen verletzt worden sein.

Die EU und die Regierung der USA bedauerten die Anschläge in öffentlichen Erklärungen. Den Vorwurf der Mitbeteiligung wiesen Washington und London als absurd zurück.

Der Parlamentsabgeordnete für die iranische Provinzhauptstadt Zahedan, Payman Forusesch, erklärte dagegen am Sonntag, „Feinde der Revolution“ wollten Zwietracht zwischen Schiiten, die im Iran in der Mehrheit sind, und Sunniten im Südosten des Landes säen.

(1) Mehr dazu bald im neuen Hintergrund-Magazin, 4. Quartal 2009


Der Bau der US-Superbombe wird unter Obama beschleunigt vorangetrieben

(19.10.2009/ap/hg)

Das Pentagon beschleunigt die Fertigstellung einer riesigen Bombe, die dafür entworfen wurde, verborgene unterirdischen Waffenbunker zu zerstören. Der 15 Tonnen schwere Koloss, der als "Massive Ordnance Penetrator/ MOP bezeichnet wird, ist die größte konventionelle Bombe im US-Waffenarsenal und wird ca. 2.404 kg (genau 5.300 Pounds) Sprengstoff enthalten. Die Bombe ist ungefähr zehnmal stärker als die Waffe, die sie ersetzen wird.

Das Pentagon hat zusätzlich fast 52 Millionen Dollar bewilligt, um den Stealth-BomberB-2 (einen kaum zu ortenden Tarnkappen-Bomber) für den Transport dieser Bombe umrüsten zu lassen. Offizielle rechnen damit, dass die Bombe im Sommer nächsten Jahres einsatzbereit sein wird.

Pentagon-Offizielle geben zu, dass mit der neuen Bombe gehärtete, unterirdische Anlagen zerstört werden sollen, wie sie der Iran und Nordkorea zum Schutz ihrer Atomprogramme verwenden, bestreiten aber, dass sie bereits spezifische Ziele im Auge haben.

"Ich denke nicht, dass irgendjemand schon jetzt etwas über potenzielle Ziele sagen kann," erklärte Geoff Morrell, der Pressesekretär des Pentagons. "Das ist nur eine Waffe, die wir in der Welt, in der wir heute leben, für notwendig halten."

Die Obama-Regierung hat sich bemüht, den noch aus der Präsidentschaft Bushs stammenden Verdacht zu zerstreuen, die Vereinigten Staaten planten entweder selbst, die iranischen Atomanlagen zu bombardieren, oder schauten weg, wenn Israel das tue.

Die Regierung hat sich aber auch davor gehütet, die militärische Option vom Tisch zu nehmen. Verteidigungsminister Robert Gates sagte kürzlich, mit einem Schlag gegen die Atomanlagen des Irans sei wahrscheinlich nur Zeit zu gewinnen. Admiral Mike Mullen, der Chef des US-Generalstabs, nannte einen Angriff (auf den Iran) eine Option, von der er nicht gern Gebrauch machen möchte.

Mit der neuen US-Bombe werden Planungen realisiert, die bereits unter Bush begannen. Die Bestrebungen der Obama-Regierung, die Bombe möglichst schnell verfügbar zu machen, zeigen, dass sie bei langfristigen Sicherheitsplanungen immer noch eine Rolle spielt.

"Auch ohne Nachforschungen der Geheimdienste ist bekannt, dass es Staaten gibt, die über die Technologie verfügen, gehärtete unterirdische Anlagen zu errichten," sagte Pentagon- Sprecher Bryan Whitman. "Das ist kein neues Phänomen, diese Bestrebungen nehmen eher zu."

Für die Zukunft könnte man das aber als abschreckenden Faktor in Erwägung ziehen," erklärte Kenneth Katzman, ein Experte des Congressional Research Service (des wissenschaftlichen Dienstes des Kongresses) für den Iran und den Mittleren Osten. "Ahmadinedschad und Kim Jong Il haben das sicher einkalkuliert."

Zitiert aus: AP Newswire, Anne Gearan, AP National Security Writer: US wants bunker-buster fast, denies Iran is reason – Übersetzung: Wolfgang Jung


Italienischer Geheimdienst soll Taliban Schmiergeld gezahlt haben

(16.10.2009/dpa/hg)

Die italienische Regierung soll laut einem Bericht der „Times“ Aufständischen in Afghanistan Schmiergeld gezahlt haben. Um Ruhe in die von italienischen Soldaten bewachte Sarobi-Region zu bekommen, habe der Geheimdienst zehntausende US-Dollar an Kommandeure der Taliban und örtliche Warlords gezahlt, schreibt die Zeitung am Donnerstag. Die Region in der Provinz Kabul galt bis Mitte 2008 als friedlich, als die Italiener das Kommando an die Franzosen übergeben hatten.

Rom habe dem Militärbündnis ISAF die Schmiergeldzahlungen verschwiegen, berichtete die „Times“ weiter. Die französischen Soldaten hätten westlichen Militärs zufolge dadurch die Gefahr in der Region falsch eingeschätzt und seien in eine Falle gelaufen. Bei einem Angriff auf einen französischen Militärkonvoi waren im vergangenen August zehn Franzosen getötet und 21 weitere verletzt worden.

Der US-Geheimdienst hatte laut dem Zeitungsbericht zuvor durch abgehörte Telefongespräche außerdem herausgefunden, dass die Italiener Kämpfer in der Provinz Herat bestochen haben sollen. Der US-Botschafter in Rom habe sich im Juni 2008 über die Vorgänge bei der Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi beschwert.

Dementi aus Rom

Italien hat die Veröffentlichung der „Times“ zurückgewiesen. „Der Bericht ist Müll“, sagte der italienische Verteidigungsminister Ignazio La Russa am gestrigen Donnerstag.

„Weder das Verteidigungsministerium noch irgendein anderes politisches Organ hat jemals in dem von der ‚Times’ beschriebenen Sinne operiert“, sagte La Russa. Der Bericht sei zudem „eine Beleidigung“ der italienischen Opfer des Konflikts und ein Zeichen für die „Anti-Italien-Kampagne“ der Zeitung. Diese Art von Berichterstattung sei nicht nur eine „Schande für die "Times", sondern auch für die internationale Presse“, so La Russa.


Investmentbanker klagt 1,5 Millionen Euro Bonus von teilverstaatlichter Commerzbank ein

(16.10.2009/dpa/hg)

Die Commerzbank-Tochter Dresdner Bank wird von ihrer spendablen Vergangenheit eingeholt: Jens-Peter Neumann, Ex-Kapitalmarktchef der Investmentbanking-Einheit Dresdner Kleinwort, hat am Donnerstag vor dem Arbeitsgericht Frankfurt seine Abfindung von 1,5 Mio. Euro erstritten und darf zudem den Bonus von 3 Mio. Euro behalten. Die inzwischen teilverstaatlichte Commerzbank müsse den Betrag als Rechtsnachfolgerin der Dresdner Bank zahlen, entschied das Gericht am Donnerstag (Az: 3 Ca 1957/09).

Neumann hatte bei der Dresdner Bank gearbeitet und war bei der Fusion mit der Commerzbank ausgeschieden. Mit dem Urteil erhöht sich der Gesamtbetrag, der dem Kläger seit seinem Ausscheiden Anfang des Jahres zusteht, auf 4,5 Millionen Euro. Grundlage für den Anspruch ist laut Urteil der Aufhebungsvertrag, der von der Dresdner Bank und dem Angestellten vereinbart worden war.

Der Mann war von 2006 bis 2008 Leiter der Kapitalmarktgeschäfte der Dresdner Bank. Der Aufhebungsvertrag sah neben der Abfindung auch noch Bonuszahlungen in Höhe von drei Millionen Euro vor. Während der Bonus im Januar 2009 tatsächlich gezahlt wurde, wartete der Banker auf die Abfindung vergeblich. Stattdessen wurde ihm mitgeteilt, dass 2008 ein Verlust von mehr als sechs Milliarden Euro verbucht und die Abfindung deshalb mit den bereits gezahlten Boni verrechnet worden sei.

Nach Auffassung der Richter war diese Verrechnungspraxis unzulässig. Die Geschäftsentwicklung der Bank oder das persönliche Engagement des Bankers seien niemals zur Geschäftsgrundlage des Aufhebungsvertrages gemacht worden.

Darüber hinaus sei der zu erwartende Verlust bereits beim Vertragsabschluss Ende 2008 auf nahezu drei Milliarden Euro angewachsen. Eine positive Geschäftsentwicklung habe schon damals nicht mehr vorausgesehen werden können. Man habe die vereinbarten und geleisteten Bonuszahlungen daher nicht rückwirkend in andere Ansprüche des Arbeitnehmers einrechnen dürfen.

Die Commerzbank erklärte, sie werde das in wenigen Wochen vorliegende schriftliche Urteil genau prüfen. Man behalte sich Rechtsmittel vor, sagte Sprecher Martin Halusa. Er bestätigte auch mehrere andere anhängige Bonusklagen gegen das Unternehmen, für die das aktuelle Urteil jedoch keine Bedeutung habe.


Strahlende Geschäfte: Lagert auch deutscher Atommüll illegal in Sibirien?

(14.10.2009/dpa/hg)

Die Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“ meldete am Mittwoch (1), dass eine große Menge radioaktiver Abfälle aus Deutschland illegal in Russland lagere. Seit 1996 seien etwa 22.000 Tonnen abgereichertes Uranhexafluorid (UF6) aus der Urananreicherungsanlage im westfälischen Gronau nach Russland transportiert worden. (2)

Dort sei das UF6 nochmals angereichert worden. Aber nur etwa 10 Prozent davon sei zurück nach Deutschland gebracht worden. Der Rest lagere weiterhin in rostenden Behältern unter freiem Himmel, zum Beispiel im sibirischen Atomzentrum Sewersk.

Der Sprecher des Bundesumweltministeriums, Jürgen Maaß, wies die Meldung am Mittwoch in Berlin zurück. Es gehe „definitiv nicht um Atommüll, sondern wir befinden uns dabei industriell auf einer Vorstufe der Atomkraftnutzung, nämlich der Brennstoffherstellung; das Thema ist Im- und Export von an- und abgereichertem Uran.“ Der Vorgang falle deshalb auch gar nicht unter das Atomrecht.

Die Anti-Atombewegung fordert dagegen, abgereichertes Uran als Atommüll einzustufen. Dann dürfte es nach der Baseler Konvention über den Export gefährlicher Abfälle nicht mehr nach Russland exportiert werden.

Jochen Stay, der Sprecher von "ausgestrahlt", erklärte: „Erst Asse, jetzt Sewersk – einmal mehr ist bewiesen, dass die Atomindustrie ihren Müll genauso entsorgt wie die Mafia in Italien: Sie kippt ihn einfach irgendwo hin. Ein Endlager im undichten Salzstock Gorleben wäre in absehbarer Zeit der nächste Atommüll-Skandal.“ Den Stromkonzernen gehe es um knallharte Gewinninteressen, nicht um Sicherheit. Die Atomkraftgegner fordern Union und FDP daher auf, mit dem schmutzigen Geschäft endlich Schluss zu machen.

Die Auseinandersetzung um die illegale Lagerung von deutschem Atommüll in Russland setzte ein, nachdem die französische Presse und der Fernsehsender Arte am Montag berichtet hatten, dass 13 Prozent der französischen Atomabfälle, jährlich rund 108 Tonnen, nach Russland transportiert würden. “Frankreich überlässt Russland die Lagerung des Mülls, der eigentlich wiederverwertet werden soll, was aber nicht passiert“, schrieb „Libération“ in ihrer Montagsausgabe. Stattdessen lagere das schwach radioaktive Material in Sibirien unter freiem Himmel

Corinne Lepage, die von 1995 bis 1997 in Frankreich Umweltministerin war, zeigte sich überrascht von den Atommülltransporten. „Ich habe nichts davon gewusst“, erklärte sie einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge. (3)
Noël Mamère, Abgeordneter der Grünen, sagte dagegen, der Atommülltransport nach Sibirien sei seit Jahren ein offenes Geheimnis. Frankreich hat genauso wie Deutschland bislang keine endgültige Aufbewahrungsstätte für seinen Atommüll.

(1) http://www.ausgestrahlt.de/presse/artikel/a61b4f7181/auch-20000-tonnen-deutscher-atommue.html
(2) Uranhexafluorid ist radioaktiv und giftig. Werden die unter freiem Himmel in Russland rostenden Behälter undicht, kann es mit der Luftfeuchtigkeit reagieren, heißt es in der Presserklärung der Anti-Atom-Organisation. Dabei entstehe hochgiftige Flusssäure.
(3) http://www.sueddeutsche.de/G5138r/3095701/Zwischenlager-Parkplatz.html


Bundesmarine übt Schiffeversenken: zwei Boote zerstört, angebliche Piraten wieder frei

(14.10.2009/dpa/hg)

Die Bundesmarine hat vor der nordafrikanischen Küste drei Boote aufgebracht. Die elf Besatzungsmitglieder wurden der Piraterie verdächtigt, nach einer Überprüfung aber wieder frei gelassen und durften weiterfahren. Sie seien schließlich nicht auf frischer Tat ertappt worden, erklärte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam.

Trotzdem haben die deutschen Marinesoldaten zwei ihrer drei kleinen Boote (Skiffs) nördlich der Seychellen versenkt.

Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr hatte bereits am Dienstagnachmittag eine Pressemeldung herausgegeben, in der es hieß, dass ein Bordhubhschrauber der Fregatte Bremen die Boote durch Warnschüsse aus der Bordmaschinenkanone gestoppt hat.

Die Piloten wollen beobachtet haben, wie von der Besatzung eines der Boote zunächst eine Handfeuerwaffe über Bord geworfen wurde. Noch vor der anschließenden Untersuchung seien weitere Gegenstände ins Wasser geworfen worden. Ob es sich dabei um Waffen gehandelt hat, ist anscheinend nicht bekannt.

Bei der Durchsuchung selbst seien keine Waffen, jedoch zehn Fässer mit Kraftstoff gefunden worden. Daraufhin habe man alle elf Mann der Bootsbesatzungen weiterfahren lassen. Allerdings seien zuvor zwei ihrer drei Schiffe auf Weisung des Seebefehlshaber EU NAVFOR ATALANTA durch die Fregatte Bremen versenkt worden.

Warum das Versenken der Schiffe nötig war, auf welcher Rechtsgrundlage die Zerstörung des fremden Eigentums durch die Bundeswehr erfolgte und ob die Eigentümer der beiden Boote entschädigt wurden, ist zur Stunde nicht bekannt.

Die Bundeswehr ist mit etwa 450 Soldaten sowie den beiden Fregatten „Bremen“ und „Karlsruhe“ Teil der gegen Seeräuberei gerichteten Mission Atalanta am Horn von Afrika. Erst vor vier Monaten hat der Bundestag das Einsatzgebiet der Bundesmarine bis zu den Seychellen ausgeweitet.


Lafontaine verzichtet auf Fraktionsvorsitz im Bundestag

(09.10.2009/dpa/hg)

Oskar Lafontaine hat am Freitagmittag offiziell seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur für das Amt des Fraktionsvorsitzenden im Bundestag erklärt. Zukünftig wolle er sich „auf die Aufgabe des Parteivorsitzenden konzentrieren“, sagte er nach der konstituierenden Sitzung der Fraktion im brandenburgischen Rheinsberg.

In seiner Rede warnte Lafontaine die Fraktion davor, ihre linken Positionen aufzugeben.

In der Fraktionssitzung hieß es, der bisherige Co-Fraktionschef Gregor Gysi solle zunächst zum alleinigen Vorsitzenden gewählt werden. Später solle es eine Nachwahl geben, um die Doppelspitze mit Gysi und einer Abgeordneten aus dem Westen fortzuführen.

Lafontaine wies Spekulationen zurück, seine Entscheidung habe irgend etwas mit den Koalitionsverhandlungen im Saarland zu tun: „Es wäre völlig fahrlässig, eine solche Entscheidung abhängig zu machen von einer Entscheidung, die noch nicht getroffen ist im Saarland.“

Die saarländische Linke hatte bei der Landtagswahl am 30. August mit Lafontaine als Spitzenkandidat auf Anhieb ein Spitzenergebnis von 21,3 Prozent erzielt. Die Landtagsfraktion hatte ihn daraufhin bereits im September zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Ob die Saar-Linken mit der SPD und den Grünen die Landesregierung bilden werden, ist zur Stunde aber noch ungeklärt. Denn die saarländischen Grünen wollen sich erst am Wochenende endgültig entscheiden, ob sie nicht lieber eine sogenannte Jamaika-Koalition mit der CDU und der FDP eingehen wollen.

Ihr Landesparteichef Hubert Ulrich sagte am Freitag, dass er eine dauerhafte Übernahme des Landtagsfraktionsvorsitzes durch Lafontaine für eine mögliche „rot-rot-grüne Koalition nicht gerade förderlich“ hält.

Unterdessen schrieb Lafontaine seiner Partei in Rheinsberg ins Stammbuch, ihre linken Positionen zu halten. Nur dann habe sie eine Chance, die Richtung der Politik mit zu bestimmen. Er kritisierte den thüringischen Spitzenkandidaten Bodo Ramelow für seine Haltung zu einem Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, berichtete die Süddeutsche.de am Freitag.

Ramelow hatte gesagt, die Forderung der Linken nach einem sofortigen Anzug könne nicht bedeuten, dass die Truppen "an einem Wochenende" das Land verließen. Lafontaine sagte in der Fraktionssitzung, die Linke habe sich im Wahlkampf klar als Anti-Kriegspartei profiliert. Deshalb dürfe es solche Äußerungen nicht geben.


Atommüllager Asse: Einsturz auf Raten

(09.10.2009/dpa/hg)

Das marode Atommülllager Asse in Niedersachsen fällt nach und nach buchstäblich in sich zusammen. Am Donnerstag ist in der Schachtanlage bei Wolfenbüttel eine ganze Decke eingestürzt.

Seit langem schon dringen rund 12.000 Liter Wasser täglich in die Grube ein, in der heute 126.000 Fässer mit Atommüll lagern.

Das Bundesamt für Schrahlenschutz (BFS) hat mehrfach einen Anstieg des Laugenzuflusses gemeldet. Auch zu Gesteinsablösungen aus den Decken war es wiederholt gekommen. Die ganze Anlage ist einsturzgefährdet.

Bei dem jüngsten Vorfall stürzte die Decke in eine Kammer, in der glücklicherweise keine radioaktiven Abfälle lagern. Doch kann es auch anders kommen. Erst im April hatten größere Gesteinsbrocken auf Fässer mit radioaktivem Material zu fallen gedroht.

Fachleute hatten schon früh Zweifel angemeldet, ob die Asse überhaupt zur Atommüll-Endlagerung geeignet ist.

Grund für die Bedenken seien Probleme mit der „Standsicherheit“ und dem „Wasserzutritt“ gewesen, sagte der ehemalige Präsident der Physikalisch- Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig, Dieter Kind.

Kind hat am Donnerstag als Zeuge vor dem Asse-Untersuchungsausschuss des Landtages in Hannover ausgesagt.


„Cap-Anamur-Prozess“: Freisprüche für Lebensretter

(07.09.2009/dpa/hg)

Mehr als fünf Jahre nach der Rettung von 37 schiffbrüchigen Afrikanern durch das deutsche Hilfsschiff „Cap Anamur II“ endete am Mittwoch vor einem Gericht in Sizilien der Prozess gegen die drei Angeklagten des Notärztekomitees (1) mit einem Freispruch. Die Urteilsbegründung wird erst in drei Monaten veröffentlicht

Ende 2006 war gegen den ehemaligen „Cap-Anamur“-Vorsitzenden Elias Bierdel, seinen Ex- Kapitän Stefan Schmidt und den Ersten Offizier Vladimir Daschkewitsch Anklage wegen „bandenmäßiger Schleuserei“erhoben worden. Im Falle einer Verurteilung hätten den Männern bis zu vier Jahren Haft gedroht.

Im Sommer 2004 hatten sie mit dem Schiff „Cap Anamur II“ 37 Afrikaner aus einem überfüllten Schlauchboot gerettet, das im Mittelmeer zu sinken drohte.

Erst nach einer dreiwöchigen Irrfahrt durchs Mittelmeer durften die Flüchtlinge in Sizilien an Land gehen. Die italienischen Behörden sagten, die Flüchtlinge hätten in Malta an Land gehen müssen, da sie in maltesischen Gewässern aufgegriffen worden seien. Dann gaben sie jedoch dem Druck der Weltöffentlichkeit nach und nahmen die Afrikaner auf, schoben sie aber schon wenige Tage später ab. Bierdel, Schmidt und Daschkewitsch wiederum wurden festgenommen.

Bierdel zeigte sich mit dem Urteil sehr zufrieden. Er sagte, der Freispruch sei eine „echte Sensation“. Schmidt erklärte:“Dieses Urteil ist wichtig für alle, die Gutes tun.“ Auch die Hilfsorganisation Cap Anamur reagierte mit großer Erleichterung. „Es ist ein wichtiger Tag für die humanitäre Arbeit und ein Erfolg für die Menschlichkeit“, sagt die Vorsitzende Dr. Edith Fischnaller nach dem Urteilsspruch. (2) „Rettung ohne Wenn und Aber in größter Not ist ein unumstößlicher Grundsatz von Cap Anamur. Wir werden da weiter machen, wo immer unsere Hilfe benötigt wird und Leben retten.“

Unterdessen spitzt sich die lebensbedrohliche Situation für Bootsflüchtlinge im Mittelmeer immer weiter zu. Seit Mitte Mai dieses Jahres nimmt Italien Abschiebungen direkt vom Meer aus vor. Menschen, die oft schon tagelang in überfüllten, seeuntüchtigen Fischerbooten unterwegs sind, werden von der Küstenwache oder der Finanzpolizei unmittelbar nach Libyen abgeschoben, ohne vorher einen Fuß auf italienischen Boden zu setzen, geschweige denn Antrag auf Asyl stellen zu können.

Das Flüchtlingshochkommissariat der UN (UNHCR) hat wiederholt scharf kritisiert, dass Italien auf diese Weise gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoße.

(1) Die Organisation Cap Anamur wurde 1979 von dem Journalisten Rupert Neudeck gegründet. International bekannt wurde sie in den 80er Jahren durch die Rettung von vietnamesischen Flüchtlingen im Südchinesischen Meer.
(2) http://www.cap-anamur.org/index.php4?seite_id=5


Fristlose Kündigung wegen einer Boulette

(07.09.2009/dpa/hg)

Weil sie für Gäste und den Chef bestimmte Brötchen selbst gegessen haben, sind zwei Sekretärinnen des Bauverbands Westfalen fristlos entlassen worden. Nun kämpfen sie vor dem Arbeitsgericht Dortmund um ihre Arbeitsplätze.

Die beiden Arbeitnehmerinnen hatten am 21. Juli Brötchen für einen Geschäftsimbiss geschmiert. Dabei haben sie zwei Brötchenhälften und eine Frikadelle des Firmen-Büffets selbst verzehrt, berichtet netzeitung.de am Mittwoch.

Beim gescheiterten Gütetermin am Dienstag hat die eine Frau (59) beteuert, dass es im Unternehmen ausdrücklich erlaubt gewesen sei, in Sitzungen übrig gebliebene Brötchen anschließend zu essen. Sie sei deshalb der Meinung gewesen, ihr Verhalten sei in Ordnung.

Ihre Kollegin wird voraussichtlich am 24. November vor Gericht ziehen, teilte das Arbeitsgericht in Dortmund am Mittwoch mit.

Hermann Schulte-Hiltrop, Hauptgeschäftsführer des Bauverbands Westfalen, wertet das Verhalten der Mitarbeiterinnen, die seit 34 bzw. fast 20 Jahren dem Betrieb angehörten, als einen Vertrauensmissbrauch, der nicht wieder gutzumachen sei. Für den Bauverband Westfalen ist die fristlose Kündigung die einzig angemessene Sanktionierung des „Brötchen-Diebstahls“.

Der Anwalt der 59-jährigen Klägerin fordert dagegen die Weiterbeschäftigung. In ihrem Alter habe sie doch gar keine andere Wahl, als um ihren Job zu kämpfen. „Sie findet doch keinen neuen mehr“. Der Chef-Sekretärin gehe es aber auch um die Wiederherstellung ihres guten Rufes. „Mit einem solchen Makel will sie nicht einfach so gekündigt werden.“

Die Vorsitzende Richterin hatte in der Güteverhandlung angedeutet, dass sie eine fristlose Kündigung für möglicherweise überzogen hält. Ihr Vorschlag, die Kündigung zurückzunehmen und die Sekretärin stattdessen abzumahnen, wurde von der Arbeitgeberseite jedoch nicht angenommen. Das Gericht wird den Fall voraussichtlich im Januar entscheiden.

Wie der österreichische Standard am Mittwoch berichtet, hat der Generalsekretär der nordrhein-westfälischen SPD, Michael Groschek, die Rücknahme der Kündigung gefordert. „Wir dürfen nicht dulden, dass Manager trotz Fehlspekulationen in Millionenhöhe dicke Abfindungen kassieren und kleine Leute wegen eines Wurstbrötchens auf die Straße gesetzt werden“, sagte er. Dies sei „unmenschlich und unmoralisch“.

Bei den Dortmunder Entlassungen handelt es sich nicht um Einzelfälle. Im baden-württembergischen Radolfzell streitet eine 58-jährige Altenpflegerin um ihren Arbeitsplatz. Ihr war war fristlos gekündigt worden, weil sie mehrere Maultaschen für den eigenen Verzehr mitgenommen hatte. Bundesweit für Empörung hatte zuletzt der Fall einer Kassiererin gesorgt, der wegen zweier Leergutbons im Wert von 1,30 Euro gekündigt worden war. Die abgewiesene Kündigungschutzklage der Mitarbeiterin wird derzeit gerichtlich überprüft.


„Woodstock der freien Presse“: In Italien demonstrierten Hunderttausende gegen die Medienpolitik Belusconis.

(05.10.2009/dpa/tw)

Bis zu 300.000 Menschen haben am vergangenen Sonnabend in Rom für die Freiheit der Medien und gegen das Informationsmonopol des italienischen Medienzaren und Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi demonstriert.

Sie warfen dem Politiker vor, eine kritische Berichterstattung über sein pikantes Privatleben unterdrücken zu wollen. „Nein zum Informations-Maulkorb“, hieß einer der Slogans auf der Kundgebung, zu der der nationale Journalistenverband FNSI aufgerufen hatte.

Nach seinen Angaben nahmen rund 300.000 Menschen an der Protestaktion teil, die römische Polizei sprach dagegen von nur 60.000. Berlusconi tat die Kundgebung als „absolute Farce“ ab, die Medien in Italien seien frei. „In Italien gibt es große Medienfreiheit, es gibt vor allem aber Verleumdungsfreiheit“, so sein Außenminister Franco Frattini in einem Bericht des östereichischen Standard am Montag.

“Wir kämpfen für die Freiheit, ungestört die Wahrheit schreiben zu dürfen, ohne dass wir Erpressungen oder Drohungen ausgesetzt sind“ , zitiert das Blatt dagegen Roberto Savian, den Autor des Mafia-Bestsellers Gomorrha. Der unter Polizeischutz stehende Journalist war mit einer Ovation von den aus allen Landesteilen angereisten Demonstranten begrüßt worden.

Als ein kleines „Woodstock der freien Presse“ bezeichnete der Sekretär der Journalistengewerkschaft, Franco Siddi, die Demonstration.

Parteienvertreter durften das Podium nicht betreten. Am Rande der Kundgebung wurde auch Kritik an der Politik der Linksparteien laut, so der Standard. Der Regisseur Nanni Moretti sagte, die Linke habe "in 15 Jahren gegenüber Berlusconi "ununterbrochen schwere politische Fehler begangen".

Auslöser der Proteste waren Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe, mit denen Berlusconi gegen die linken Zeitungen „La Repubblica“ und „L’Unità“ vorgeht. Die Blätter hatten über seine Sex-Affären und wilden Feste berichtet.

Für die Journalisten handelt es sich um einen Versuch, sie zum Schweigen zu bringen. In ihrem Protest werden sie von etlichen Kulturschaffenden und Intellektuellen unterstützt. Die Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass, Doris Lessing und Elfriede Jelinek stellten sich hinter die betroffenen Zeitungen und traten für Meinungsfreiheit ein.

Auch in anderen europäischen Hauptstädten wie Paris und London gab es – kleinere – Aktionen gegen eine Einflussnahme des Medienzaren auf die italienische Presse und das öffentlich-rechtliche Fernsehen.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) begrüßte die Anti-Berlusconi-Protestaktion. “Die ständigen Versuche Berlusconis, Presse und Rundfunk gefügig zu machen, sind mit den Grundprinzipien von Meinungsfreiheit und Demokratie nicht vereinbar“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken. Er wünschte den italienischen Kollegen viel Erfolg. Konken erinnerte daran, dass der italienische Journalist Marco Travaglio für sein mutiges Engagement gegen die Versuche der Einflussnahme Berlusconis auf die Medien in diesem Jahr den DJV-Preis der Pressefreiheit erhalten hat.

Unterdessen wurde Berlusconis Fininvest-Konzern in Mailand in erster Instanz zur Zahlung eines Schadenersatzes von 750 Millionen Euro an den Verleger Carlo De Benedetti, verurteilt, berichtete der „Corriere della Sera" am Sonntag.

Der Streit geht auf das Jahr 1991 zurück, als der damals noch von Berlusconi selbst geleitete Konzern vom römischen Berufungsgericht die Kontrolle über das Mondadori-Unternehmen zugesprochen bekam. Das Nachsehen hatte dabei der Konkurrent, die CIR-Holding von Carlo De Benedetti.

Der Deal war aber durch die Bestechung eines Richters erkauft worden. Berlusconi wurde wegen Verjährung in der Sache nicht belangt.

Seine Familie baute mit dem Geschäft ihren Einfluss im Printmedien- und Verlagsbereich aus, der Rivale De Benedetti bekam die römische Zeitung „La Repubblica“ und das Magazin „L’Espresso“ – heute die schärfsten Kritiker des Ministerpräsidenten.

Der Urteilsspruch muss sofort umgesetzt werden.


Klarer Wahlsieg der Sozialdemokraten in Griechenland

(05.10.2009/dpa/hg)

Der Sieg der griechischen PASOK (Panhellenische Sozialistische Bewegung) und ihres Parteichefs Giorgos Papandreou bei den Parlamentswahlen am Sonntag ist gewaltig. „43,94 für die Sozialisten – 34,5 für die Konservativen – das nennt man Triumph für den Sieger und Einbruch und Ohrfeige für den Verlierer“, kommentierte das griechische Radio am Montag. Verärgert von Wirtschaftsskandalen, Vetternwirtschaft und leeren Versprechungen zur Reform des schwerfälligen Staatsapparates schickten die Griechen den konservativen Ministerpräsidenten Kostas Karamanlis und seine Nea Dimokratia (ND) nach fünfeinhalb Jahren auf die Oppositionsbank.

„Historischer Sieg“, titelte die Athener Zeitung „Ta Nea“ am Montag. Papandreous Sieg ist zudem ein Hoffnungsschimmer für die Sozialdemokratie in Europa, die seit langer Zeit fast überall Niederlagen erlebt, meinte die griechische Presse am Montag. Mit dem Wahlsieg der Sozialisten und den anschließenden Hupkonzerten ihrer Anhänger ist aber Griechenland nicht gerettet: Sozialistenchef Papandreou hat einen holprigen und kurvenreichen Weg vor sich. „Der Weg wird lang sein“, sagte er nach seinem Wahlsieg.

Er muss die Griechen aus der schweren Wirtschaftskrise herausführen. Zudem soll er die ausufernde Staatsverschuldung zügeln und die Korruption bekämpfen. „Es wird eine Aufgabe, die leicht zu einer Sisyphusarbeit ausarten könnte“, meinen viele Griechen. Denn 2004 hatte jeder Grieche im Durchschnitt 13.000 Euro Schulden. Heute steht wegen der Misswirtschaft der vergangenen Jahre jeder Bürger mit rund 25.000 Euro in der Kreide. Athen verletzt mit geschätzten sieben Prozent Defizit gemessen am Bruttoinlandsprodukt den Stabilitätspakt im Euroland – erlaubt sind bis drei Prozent.

Die Erwartungen der Griechen- vor allem der Geringverdiener an die neue Regierung sind groß: „Dass wir endlich ohne Schmiergelder zu zahlen eine Operation in einem staatlichen Krankenhaus machen können. Und dass nicht mehr zwei Menschen mit einer Rente von 500 Euro im Monat leben müssen“, sagte eine Rentnerin im Rundfunk. Papandreou versprach mit Staatsgeld die marode Wirtschaft anzukurbeln. Die Mittel dafür will er über die Besteuerung von Immobilien und Dividenden freimachen. Zudem will er ein hartes Sparprogramm für den Bereich des Staates einführen.

Die Lage ist so ernst, dass auch die konservative Presse Papandreou auffordert, sofort zu agieren. „Mutige Einschnitte sind jetzt sofort nötig. Jetzt, wo das Volksmandat an Papandreou frisch und klar ist – nur ran (an die Arbeit)“, meinte am Montag die konservative Athener Zeitung „Kathimerini“.

Der Einzug ins Parlament gelang auch den Kommunisten mit 21 Abgeordneten. Auch die nationalistisch-religiöse Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung (LAOS) bekommt 15 Sitze. Zudem schaffte das Bündnis der Radikalen Linken (SYRIZA) den Sprung über die Drei-Prozent-Hürde und hat 15 Abgeordnete im Parlament. Dagegen haben die Grünen mit 2,5 Prozent den Einzug verpasst.

Schneller Regierungswechsel in Griechenland

Nach dem klaren Wahlsieg Papandreous wird die Vereidigung der neuen Regierung bereits an diesem Mittwoch erwartet. Der griechische Staatspräsident Karolos Papoulias beauftragte am Montag Papandreou mit der Regierungsbildung. Die Zusammensetzung der neuen Regierung soll schon an diesem Dienstag bekanntgegeben werden.


Massaker in Afghanistan: Bremer Anwalt fordert angemessene Entschädigung für Hinterbliebene. Neue Bundeswehrsatelliten kosten Milliarden

(02.10.2009/dpa/hg) Während die Hinterbliebenen der über 100 Opfer des von der Bundeswehr befohlenen Bombardements von zwei entführten Tanklastwagen nach Presseberichten nur mit geringen Geldsummen entschädigt werden, steckt die Bundesregierung mindestens eine Milliarde Euro in zwei bundeswehreigene Satelliten für ihre weltweit operierenden Truppen. Darunter auch die in Afghanistan.

Die Angehörigen der Opfer des von der Bundeswehr vor einem Monat befohlene Bomben-Massakers sind mit der Höhe der Entschädigungszahlungen nicht einverstanden. Dem Bundesverteidigungsministerium steht deshalb eine Sammelklage ins Haus.

Zur Zeit bereitet der Bremer Anwalt Karim Popal entsprechende Schadensersatzklagen vor. Er werde in der kommenden Woche nach Afghanistan fliegen und mit den betroffenen Familien reden.

„Ich bin selber Afghane und spreche daher die Sprache“, sagte der Jurist. Er hatte in den vergangenen Jahren im Auftrag der Max-Planck-Gesellschaft für Völkerrecht dabei mitgeholfen, das afghanische Justizsystem aufzubauen. Popal hat einen deutschen und afghanischen Pass und spricht die afghanischen Sprachen Dari, Paschtu sowie Farsi.

Nach seinen Informationen hat die Bundesregierung den Familien der Opfer 2000 Dollar Schadensersatz angeboten: „In Afghanistan kostet das Kilo Fleisch sechs Euro, wie kann man da mit 2000 Dollar eine ganze Familie entschädigen.“

Nach seiner Kenntnis hat es zwei Veranstaltungen in Kundus mit den Hinterbliebenen gegeben, in denen den Familien jeweils 2000 Dollar vom Bürgermeister geboten worden waren, sagte Popal dem Weser-Kurier am Donnerstag.. „Der Bürgermeister ist eine Marionette Kabuls. Und die Bundeswehr hat eine entsprechende Verabredung mit Kabul.“

Der Anwalt geht von mehr als 80 zivilen Opfern des Angriffs aus. Er sei sich sicher, dass es Familien gibt, die ein oder zwei Ernährer verloren haben. Die Hinterbliebenen müssten eine angemessene Entschädigung bekommen.

Am Montag war bekannt geworden, dass die afghanische Regierung Hinterbliebene von 30 getöteten Zivilisten entschädigt hat. Ein Sprecher des Gouverneurs sagte, den Familien seien jeweils 2000 US-Dollar ausgezahlt worden. Die neun verletzten Zivilisten hätten je 1000 US-Dollar erhalten. Entgegen der ursprünglichen Ankündigung würden Angehörige der bei dem Luftangriff getöteten und verletzten Taliban-Kämpfer jedoch nicht entschädigt werden.

Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Thomas Raabe, hat diese Angaben nicht bestätigt. Nach seiner Kenntnis seien 2.000 Euro pro getöteter Person an die Familienangehörigen und 1.000 Euro an Verletzte gezahlt worden, sagte er am Mittwoch in Berlin. Ob dabei zwischen zivilen Opfern und Taliban unterschieden worden sei, wisse er nicht.

Die Zahlungen seien nicht vom Bundesverteidigungsministerium sondern von dritter Seite vorgenommen worden. Erst nach dem in der zweiten Oktoberhälfte erwarteten Abschlussbericht der noch laufenden NATO-Ermittlungen könne er beantworten, welche Summen an welche Personenkreise gezahlt worden sind.

Unterdessen hat die Bundeswehr in der Nacht zum Freitag ihre globale Einsatzfähigkeit entscheidend verstärkt. Von Französisch-Guayana aus ist der erste eigene Kommunikationssatellite ins All gebracht worden. Die Trägerrakete Ariane mit dem knapp 2,5 Tonnen schweren Satelliten namens SatcomBw-1 an Bord startete vom Weltraum-Bahnhof Kourou in Südamerika. Ein zweiter Satellit SatcomBw-2 soll bis Mitte nächsten Jahres folgen.

Mit dem Projekt will sich die Bundeswehr von kommerziellen Anbietern unabhängig machen. Im Laufe des Jahres 2010 soll das Gesamtsystem einsatzbereit sein und in die Zuständigkeit der Streitkräftebasis übergehen werden.

Rund 30 Ingenieure und Wissenschafter beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen bei München sollen sich rund um die Uhr um den Betrieb der beiden Bundeswehrsatelliten kümmern.

Sie sollen ein Gebiet von Amerika nach Ostasien abdecken und die Kommunikation der Einsatztruppen auf dem Balkan, in Afrika oder in Afghanistan mit dem Hauptquartier in Potsdam sicher stellen.

Die Gesamtkosten für Bau, Start und Betrieb der beiden Satelliten, die 15 Jahre nutzbar sein sollen, betragen laut Angaben der verantwortlichen EADS-Raumfahrttochter Astrium eine Milliarde Euro.


Tausende Arznei-Tests an ahnungslosen Patienten

(02.10.2009/dpa/hg)

Patienten als Versuchskaninchen: Ärzte testen neue Arzneimittel immer öfter gegen Bezahlung. Extra-Honorare an die Mediziner erhärten den Verdacht, dass es dabei nicht nur um die Sicherheit der neuen Mittel geht. Die Pharmaindustrie zahlt für diese zweifelhaften Studien an nichts ahnenden Patienten kräftig: bis zu 1000 Euro pro Patient als „kleines Zubrot“ für die Ärzte. Die Industrie steht im Ruf, so die oft teuren Mittel auf Kassenkosten in den Markt drücken zu wollen. Verbraucherschützer fordern strengere Regeln.

Carl- Heinz Müller, Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), schlägt mit neuen Zahlen Alarm. In 85.000 Fällen hätten Ärzte im vergangenen Jahr an einer der 329 Studien teilgenommen, Mehrfachteilnahmen inklusive. 2009 sei die Zahl der teilnehmenden Ärzte noch um fünf Prozent gestiegen. Viele solcher Studien hätten wohl vor allem das Ziel der Verkaufsförderung, sagte Müller der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Das ist nicht rechtens.“ Mindestens ein hoher zweistelliger Millionenbetrag soll als Extrahonorar an die Ärzte fließen.

Kaminstudien heißen solche Untersuchungen auch in der Branche – die Mediziner könnten die Bögen bequem abends im Sessel ausfüllen. „Für den Arzt ist es ein nettes Zubrot ohne großen Aufwan“», kritisiert der Gesundheitsexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentrale, Stefan Etgeton. Das Honorar von 10 bis 1000 Euro für jeden teilnehmenden Patienten steht nach Ansicht der Kritiker in keinem Verhältnis zum Wert der Studien. „Anwendungsbeobachtungen alten Stils haben keinen oder nur geringen wissenschaftlichen Wert.“

51 eng bedruckte Seiten lang ist die der Deutschen Presse-Agentur dpa vorliegende Liste aktueller Anwendungsbeobachtungen. Verträglichkeit, Wirksamkeit, Anwendungsbreite sollen getestet werden. Oft sind Hunderte bis Tausende Patienten über mehrere Jahre einbezogen – Kritiker warnen vor Lasten für die Beitragszahler und auch vor Nebenwirkungsrisiken. „Hersteller drücken auf diese Weise neue Medikamente auf den Markt“, sagt Etgeton.

„Heute wird den Patienten oft gesagt: Wir stellen das Medikament um, oder wir probieren mal etwas anderes aus“, sagt Etgeton. „Das muss an eine Einwilligung des Patienten geknüpft werden“, fordert er. „Wir erwarten von den Ärzten, dass sie selbstverständlich ihre Patientinnen und Patienten darüber informieren, wenn sie zu einem verordneten Medikament an einer Studie teilnehmen“, fordert auch der Sprecher des Kassen-Spitzenverbandes, Florian Lanz.


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